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Brigitte Forster-Heinlein, Professorin für Angewandte Mathematik der Universität Passau, ist unsere Mathemacherin der Monate Mai und Juni 2021. Sie hat im Frühjahr 2021 von einer Jury aus Wissenschaftler*innen und Studierendenden den Ars legendi-Fakultätenpreis in Mathematik zugesprochen bekommen, die feierliche Übergabe erfolgt am 10. Juni. Darüber hinaus organisiert sie gerade die gemeinsame Jahrestagung von Deutscher Mathematiker-Vereinigung und Österreichischer Mathematischer Gesellschaft, die vom 27. September bis zum 1. Oktober 2021 online stattfinden wird, sieheSie haben den diesjährigen Ars legendi Fakultätenpreis für Mathematik erhalten. Können Sie uns bitte als erstes erzählen für welches Projekt Sie ausgezeichnet wurden?
Im Rahmen von Seminaren und Abschlussarbeiten führe ich meine Studierenden durch die mathematische Theorie bis hin zur Konstruktion eines greifbaren Ausstellungsstücks. Mit der Aussicht auf ein sichtbares Werk in unserem Passauer Mathe-Museum motiviere ich meine Studierenden zu einer sehr intensiven Auseinandersetzung mit der mathematischen Aufgabenstellung und der didaktischen Aufbereitung. Für dieses inzwischen durch Drittmittel-Projekte geförderte und evaluierte Lehrkonzept wurde ich nun ausgezeichnet.
Von welchen Grundprinzipien lassen Sie sich bei der Lehre leiten?
Mein Leitspruch ist „Fördern durch Fordern“. Im Studium wurde ich selbst mit dieser Haltung angespornt und bin gut damit gefahren. Eine hohe Messlatte anlegen, bei der sich die Studierenden strecken müssen; eine Messlatte, die attraktiv ist, und nicht unerreichbar.
Wie motivieren Sie Ihre Studierenden?
Vielen Studierenden fällt die Arbeit mit schwierigem Stoff leichter, wenn sie verstehen, wo man ihn konkret anwenden kann. In meinen Jahren an der EPFL in der Schweiz und am Helmholtz-Zentrum München habe ich mit Ingenieurinnen, Informatikern, Biologen und Medizinerinnen zusammengearbeitet und sehr viele praktische Mathematik-Anwendungen erlebt, die ich jetzt an meine Studierenden weitergebe. Das macht die Mathematik lebendig.
Wie machen Sie jungen Menschen die Mathematik schmackhaft?
Mir macht Spaß, was ich mache. Und meine Begeisterung gebe ich weiter: Im Mathe-Museum hole ich mit meinen Studierenden Schulklassen an unsere Universität. Wir zeigen den Jugendlichen die von den Studierenden gebauten Ausstellungsstücke und lassen sie experimentieren. Die Schülerinnen und Schüler finden so schnell heraus, dass Mathe viel breiter ist, als was die Schule in den knappen Schulstunden vermitteln kann. Wir veranschaulichen zum Beispiel am Tornado, am Lissajous-Automaten oder an der Abtasttrommel, dass Mathematik konkrete Anwendungen hat. Mir ist wichtig das Selbstvertrauen in die eigenen Leistungen zu fördern. Die Aussage „Du kannst mehr Mathe als du denkst“ aus dem Jahr der Mathematik 2008 finde ich immer noch einen hervorragenden Slogan.
Und was sagen Sie jungen Leuten, die nicht ins Passauer Mathe-Museum kommen können?
Wo man hinschaut, steckt Mathematik drin: In der Bewegung des Planetengetriebes der Küchenmaschine, in den Verfahren, mit denen wir unsere Fotos bearbeiten, in den Vorhersagen zur Pandemie. Die Mathematik ist die Sprache, mit der man unsere moderne Welt verstehen kann. Mathematik ist das Handwerkszeug für Wissbegierige.
Was hat bei Ihnen damals den Ausschlag für das Mathematik-Studium gegeben?
Ich wollte Chemie, Elektrotechnik oder Mathematik studieren. Es wurde dann Mathematik mit Nebenfach Elektrotechnik, weil mich der Besuch eines Tags der Mathematik an der Technischen Universität München überzeugt hat. Übrigens, ungefähr die Hälfte der Mathematik-Studierenden war damals schon weiblich.
Und heute – dreht sich bei Ihnen das ganze Leben um Mathematik?
Mit meiner Familie drehen sich vor allem die Pedale. Wir mögen lange Radl-Touren. Die können wir trotz der Pandemie gut unternehmen und entdecken immer wieder neue schöne Ecken in der Natur, weit abseits von Orten und Straßen.
Die Fragen stellte Thomas Vogt.