Martin SchlatherMartin Schlather, Foto: Emilie OrglerMartin Schlather ist unser Mathemacher der Monate Mai und Juni. Der Mathematik-Professor hat an der Universität Mannheim den Lehrstuhl für Angewandte Stochastik inne und hat für sein Engagement in der Lehre den diesjährigen Ars Legendi-Fakultätenpreis bekommen. Hier befragen wir den Stochastiker dazu, wie er zur Mathematik kam, warum Mathematik auch für die Wirtschaftswissenschaften wichtig ist und was für ihn gute Lehre ausmacht. Das Gespräch führte Thomas Vogt.

sie interdisziplinär ist.

Lieber Herr Schlather, zunächst würde mich interessieren, wie Sie ursprünglich zur Mathematik gefunden haben.

Bis heute erinnere ich mich an die anschauliche Art, wie mein Vater mir in jungen Jahren das Bruchrechnen beigebracht hat. Die gezielte Förderung meines Interesses an der Mathematik verdanke ich aber meinem Mathematiklehrer Manfred Pohl in der Oberstufe. Ansonsten gab es mehrere Weichen in meinem Leben, wo auch mal der Zufall für die Mathematik entschieden hat.

Aus welchen Gründen würden Sie einem jungen Menschen heute raten ein Studium der Mathematik zu beginnen?

Viele Abiturientinnen und Abiturienten wissen nicht, was sie studieren sollen. Sofern eine gewisse Begabung in der Mathematik vorhanden ist, rate ich, Mathematik zu wählen. Denn je nach Standort kann man sich im Rahmen des Nebenfachs in den verschiedensten Fächern umschauen. Bleibt man bei der Mathematik, sind insbesondere die Aussichten am Arbeitsmarkt bestens. Tut man es nicht, genießt man bereits nach einem Jahr Studium den Vorteil des lebenslang präzisen Denkens. Kurzum, mit Mathematik anzufangen, ist immer lohnend.

Wo genau spielt die Mathematik in den Wirtschaftswissenschaften eine wichtige Rolle?

Ich nehme an, Ihre Frage rührt daher, dass die Universität Mannheim wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtet ist. Wir nehmen die Ausbildung unserer Studierenden ernst und bieten spezielle Vorlesungen von wirtschaftswissenschaftlichem Interesse an, auch ohne dass diese mit dem eigenen Forschungsgebiet gekoppelt sind. Einer meiner Forschungsschwerpunkte sind zum Beispiel mathematische Fragestellungen, die unmittelbar aus der Praxis der Tier- und Pflanzenzucht stammen.

Sie bekommen den Ars Legendi- Preis unter anderem für Ihr(e) Service Learning-Projekt(e). Was ist darunter zu verstehen?

Ein Studium ist für den Staat teuer, denn Universitäten werden überwiegend aus öffentlichen Mittel finanziert. Die Idee ist, dass Studierende eine gewisse Gegenleistung für die Gesellschaft erbringen. Bei Service Learning soll insbesondere frisch Erlerntes in der Praxis angewandt werden. Ein verständliches Beispiel aus einem anderen Bereich ist der angehende Rechtsanwalt, der einen Mittellosen kostenfrei berät. Das Konzept eignet sich aber auch für angehende Mathematikerinnen und Mathematiker. Beispiele sind die Erstellung freier Software oder die Analyse von Daten für die eigene Universität. In mehreren meiner Service Learning-Projekte können die Studierenden auch ECTS-Punkte erwerben.

Das universitätsweite Projekt HAREBE (Handlungswissen, Reflexion und Berufsorientierung) haben die Juroren auch gelobt. Was hat es damit auf sich und an wen richtet sich HAREBE?

In HAREBE wurden in verschiedenen Fächern Service-Learning-Ansätze aufgegriffen und weiterentwickelt. Im Rahmen von HAREBE geben die Studierenden der Mathematik (inklusive des Lehramts und der Wirtschaftspädagogik) Zusatzangebote der Begabten- und Breitenförderung für viele Schulen der Region ("Handlungswissen", "Berufsorientierung"). In einem begleitenden Wahlpflichtseminar werden sowohl inhaltliche Themen, als auch Erfahrungen besprochen ("Reflexion"). Während mein Schulprojekt in der ersten Förderphase eher ein Satellit von HAREBE war, ist dieses Service-Learning Projekt in der zweiten Förderphase in gewisser Weise zentral.

Und worum geht es bei der studentischen Initiative STADS (Student's Association for Data Analytics and Statistics), die Sie ins Leben gerufen haben?

Ausgangssituation war, dass es an der Universität Mannheim von Seiten der Mathematik keine statistische Beratung gab und dass der Wunsch der Studierenden nach einem Spektrum praxisnaher Kurse aus Kapazitätsgründen nicht erfüllt werden konnte. Andererseits gab es an der Universität Mannheim bereits einen aktiven studentischen Verein, der Firmen qualitativ berät. STADS ergänzt nun im quantitativen Bereich das Spektrum der berufsbildenden Vereine der Universität Mannheim. Das Tätigkeitsfeld von STADS reicht von Programmierkursen für alle Studierende der Universität über Projekte mit gemeinnützigen Organisationen, bis hin zur Kontaktpflege zu Firmen. Wir Professoren aus der Stochastik stehen dabei beratend zur Seite.