Christiane Klein hat an der Universität Heidelberg Physik studiert und wurde danach (2024) am Institut für Theoretische Physik in Leipzig zum Thema „Freie Quantenfeldtheorien im Inneren von Schwarzen Löchern"  promoviert. Das ging nicht ohne herausragende Mathematik-Kenntnisse, was ein Grund dafür ist, dass wir sie als Mathemacherin des Monats ehren. Ein weiterer Grund ist, dass Christiane Klein versucht anderen Menschen ihre anspruchsvollen Forschungsthemen zu erklären, was ihr kürzlich den Klartext-Preis für Wissenschaftskommunikation der Klaus Tschira Stiftung eingebracht hat, der ihr im Oktober in Heidelberg überreicht werden wird. Lesen Sie nun, wie Christiane Klein ihre Leidenschaft für die „harten Fächer" Mathematik und Physik entdeckt hat.

Um Physik zu studieren und auf dem Gebiet der theoretischen Physik zu forschen muss man Mathe mögen. Wie haben Sie als junger Mensch den Weg in die Mathematik gefunden?

Mathematik lag mir schon als Schulfach, und als ich mich zum Physikstudium entschieden habe, hatten wir da viel Mathe im Grundstudium. Es hat mir Spaß gemacht, mit meinen Kommiliton*innen zusammen die Beweise für unsere Übungszettel auszuarbeiten. Das hat bis heute gehalten.

christiane kleinChristiane Klein. Foto: Annette Mueck/Klaus Tschira Stiftung.

Und wie ging es dann in die theoretische Physik, speziell in die Quantenfeldtheorie?

Ich hab‘ mich schon in der Schule für Teilchenphysik interessiert. Ich fand es spannend erklären zu können, aus was Materie besteht, wie sie funktioniert, was sie zusammenhält. Im Studium ist mir dann relativ schnell klar geworden, dass mir die theoretische Seite der Physik mehr liegt. Beides kombiniert führt dann zur Quantenfeldtheorie, die theoretische Grundlage der modernen Teilchenphysik. Während der Masterarbeit ist mir dann immer mehr klar geworden, dass ich gerne noch besser verstehen würde, wie genau diese Theorie mathematisch funktioniert. So bin ich in die mathematische Physik gekommen.

Was besagt die Quantenfeldtheorie und inwiefern hilft sie schwarze Löcher zu erklären? Wenn Sie das bitte kurz erklären könnten.

Schwarze Löcher an sich kommen ohne Quantenfeldtheorie aus. Aber wenn man verstehen möchte, wie sie mit Materie wechselwirken, kommt die Quantenfeldtheorie ins Spiel. Normalerweise benötigt man sie nur, wenn man Materie bei hoher Energie oder auf kleinen Längenskalen beschreiben möchte. Und offenbar auch, wenn man die Wechselwirkung von Materie mit Schwarzen Löchern verstehen möchte.  Mit Quantenfeldtheorie kann man dann zum Beispiel erklären, wie Schwarze Löcher verdampfen, also ihre Masse verlieren können. Sie halten also nicht für immer, sondern verschwinden mit der Zeit.

Schwarze Löcher verdampfen?

Ja, indem sie Teilchen abstrahlen. Anhand dieser Strahlung kann man ihnen, ähnlich wie der Sonne oder einem heißen Topf, eine Temperatur zuordnen. Je größer und massereicher, desto kälter ist das schwarze Loch und desto langsamer verliert es seine Masse. Je leichter es wird, desto mehr heizt es sich auf und desto schneller wird der Prozess. Allerdings sind die Schwarzen Löcher, die wir kennen, so groß, dass ihre Temperatur sehr klein und die Strahlung sehr schwach ist. Daher konnte der Effekt bisher nicht beobachtet werden.

 

die Naturwissenschaften nur mit ihr Theorien formulieren können, die genaue Vorhersagen machen.

 

Mathematik und Physik sind ja von Männern dominierte Fächer. Wie fühlt man sich da als Frau?

Besonders in der mathematischen Physik sind die Frauen deutlich in der Unterzahl. Hauptsächlich fällt mir das bei Konferenzen auf. Mir persönlich macht es nicht viel aus, ich finde es hauptsächlich schade, dass anscheinend immer noch viele Frauen abgeschreckt werden, oder die Schule und die Uni es nicht schaffen, sie für das Thema zu begeistern.

Hatten Sie in Ihrem Umfeld eine Physik-Professorin als Vorbild?

Nicht wirklich. Die erste Physik-Professorin habe ich im Studium kennen gelernt, als sie eine meiner Vorlesungen hielt.

Wie haben Sie es geschafft sich in dem Umfeld, in dem ja auch der Aufstieg schwierig ist, für einen Weg in die Forschung zu motivieren?

Forschung ist spannend. An verschiedenen Fragestellungen und mit verschiedenen Kolleg*innen zu arbeiten bietet sehr vielfältige Herausforderungen. Ich möchte zumindest herausfinden, wie weit ich in der Forschung kommen kann.

Sie forschen nun (als „Postdoc“) an der "Université Grenoble Alpes“ (UGA) in Südfrankreich. Gibt es dort mehr Frauen in der mathematischen oder physikalischen Forschung? 

Ich bin dort am Institut für Mathematik, also kann ich zur Physik nicht viel sagen. Und soweit ich weiß, ist in der reinen Mathematik der Frauenanteil insgesamt etwas höher. Daher ist die Frage für mich schwer zu beantworten.

Ist es dort einfacher die "gläserne Decke" zu durchstoßen?

Das habe ich bisher noch nicht versucht. Es ist dort sicherlich einfacher, innerhalb der Wissenschaft eine feste Anstellung zu bekommen, da es einen größeren akademischen Mittelbau gibt. Ich kann mir vorstellen, dass es das auch leichter macht die „gläserne Decke“ zu durchbrechen.

Was würden Sie einer jungen Frau heute raten, wenn sie sich dafür interessiert, Mathematik oder Physik zu studieren?

Jeder jungen Frau, die gerne Mathe oder Physik studieren möchte, würde ich raten, es einfach mal zu versuchen, und sich nicht von Vorurteilen abschrecken zu lassen. Physik und Mathe können eine Menge Spaß machen, auch wenn das Studium und die Arbeit damit manchmal anstrengend sind. Und wenn der Lebensweg doch nicht in die Forschung führen sollte, bietet einem das Studium noch jede Menge andere Optionen – von IT über Forschung zu MRT bis zur Entwicklung von Satelliten.