Seit Mai 2013 zeigt das phæno in Wolfsburg die Sonderausstellung „Mathe x anders - Die Magie der Formen und Muster". Der Physiker Dominik Essing (DE) hat die über 30 interaktiven mathematischen Experimentierstationen zusammengestellt. Besucher können hier der Schönheit der Mathematik auf die Spur kommen. Davy Champion (DC), ein Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik, ist für die derzeit laufende Mathe-Show „Mathematik macht glücklich?!" verantwortlich. Er hat am Deutschen Museum in München bereits an der Vermittlung von Naturwissenschaft und Technik mittels verschiedener Theaterformen gearbeitet. Das spektakuläre phæno-Gebäude wurde übrigens von der Architektin und Mathematikerin Zaha Hadid entworfen. Stephanie Schiemann vom DMV-Netzwerkbüro Schule-Hochschule sprach mit den beiden phæno wissenschaftlicher Ausstellungsleiter Dominik Essing und mit dem aus Frankreich stammenden Verantwortlichen für die Wissenschaftsshows David Champion.

MM Oktober 2013 klein
(Foto: privat)

Wie kam es dazu, dass das phæno die Mathematik seit einiger Zeit so ins Rampenlicht stellt?
DC: Wir haben in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen mit unseren Programmangeboten aus dem Bereich Mathematik gemacht, auch wenn Mathe in der Öffentlichkeit natürlich oft als spröde und schwer vermittelbar gilt. Kleinere Ausstellungen wie eine Tüftel- und Knobelausstellung oder das Minimathematikum wurden von unseren Besuchern sehr gut angenommen, sodass wir immer wieder Nachfragen hatten, ob wir nicht das Thema wieder aufgreifen könnten. Auch eine Vortragsreihe zur Mathematik, die wir in Zusammenarbeit mit der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen durchgeführt haben, hatte sehr guten Zuspruch.

Woher haben Sie die Ideen für Ihre Ausstellung/Show bekommen? Was hat sie inspiriert?
DE: In Deutschland gibt es natürlich z.B. mit dem Mathematikum in Gießen und dem Erlebnisland Mathematik in Dresden einige sehr schöne Matheausstellungen. Wir arbeiten sehr eng mit dem Technorama in der Schweiz und Exploratorium in San Francisco zusammen, das als die Keimzelle der Science Center gilt. Dort wurde vor einigen Jahren der Geometry Playground entwickelt, aus dem wir einige Exponate und Ideen aufgegriffen haben. In den USA gibt es aber noch einige weitere Ausstellungen z.B. das MoMath in New York oder die MathMoves Wanderausstellung, aus denen wir Anregungen für unseren Schwerpunkt Formen und Muster bezogen haben.
DC: Für die Matheshow haben wir über die Jahre Ideen gesammelt, die bei der Entwicklung für andere Showthemen entstanden sind. Mehrere Anregungen für diese Show stammen aus Büchern und Videos von Prof. Beutelspacher.

... sie Phänomene mit Anwendungen verknüpft. Dominik Essing und Davy Champion


Wie nehmen die Besucher die Ausstellung und die Show auf?
DC: Die Show wird gut angenommen. Wir - wie auch unsere „Showmaster" - waren zuerst etwas skeptisch wie die Besucher die Matheshow im Vergleich zu sehr populären Shows wie z.B. der Lasershow aufnehmen würden. Aber der Showtitel lautet „Mathematik macht glücklich?!" und tatsächlich haben die Zuschauer Freude an dieser Show, selbst wenn sie nicht auf spektakuläre Effekte setzt, und auch unsere Showmaster haben inzwischen große Freude daran, die Show vorzuführen.
DE: Unsere Ausstellungen richten sich immer an Freizeit- und Familienbesucher als auch Schulbesucher. Die Schulklassen verknüpfen den Ausstellungsbesuch häufig mit einem Mathe-Workshop hier im Haus, sodass die Ausstellung von den Lehrern und Schülern sehr gut aufgegriffen wird. Aber auch die Freizeitbesucher nehmen die die Stationen sehr gut an. Es ist schön zu beobachten, wie Besucher an den Stationen experimentieren und so einen Zugang zur Mathematik (wieder)finden.

Was werden für Fragen gestellt?
DC: Nach den Shows wollen manche Besucher genauer wissen, wie einige Experimente funktionieren, z.B. zu gekoppelten Metronomen oder zur kürzesten Verbindung mehrerer Punkte.
DE: Manchmal wird von den Besuchern auch die Frage gestellt, ob das denn überhaupt Mathematik ist, weil ja kaum Zahlen und Rechnungen in der Ausstellung auftauchen und es eher nicht abstrakt ist. Aber eine Station wie „Origami falten" schult natürlich räumliches Vorstellungsvermögen und Symmetrieverständnis. Und das ist ja auch unser Grundanliegen: eine Vorstellung zu geben was auch Mathematik ist!

Round Wave 350x220 start linksBall 580x400 mit Hintergrund Master 01

(Foto: Reuben Margolin & Phaeno)

Hat sich Ihre persönliche Beziehung zur Mathematik durch dieses Ausstellungs-/Showprojekt geändert?
DC: Wir hatten hin und her überlegt, ob eine Show zu dem Thema funktionieren würde...und im Nachhinein muss ich feststellen, dass Mathematik bühnentauglich ist und ein breites Publikum interessiert!
DE: Wir haben in unseren Experimentierstationen einen Schwerpunkt auf der Beobachtung von Phänomenen, und darüber entwickelt man eine Anwendung oder mathematische Beschreibung. Während der Entwicklung der Matheausstellung war es eher umgekehrt, also von bestimmten Formeln oder Funktionen ausgehend ein Phänomen zu suchen, das als interaktives Ausstellungsexponat funktioniert.

Was möchten Sie unseren Lesern empfehlen?
DE: Sich die Ausstellung und die Show selber anzuschauen! Auch für Mathematiker ist gibt es sicherlich noch Neues zu entdecken. Wir zeigen z.B. zwei große kinetische Kunstinstallationen von Chuck Hoberman und Reuben Margolin, die sicherlich eine völlig andere Perspektive auf Mathematik zeigen. Mein Lieblingsexponat in der Ausstellung ist eine Station bei der man mittels einer Laserstrahlebene Schnitte durch z.B. ein Plexiglas-Tetraeder oder einen Kegel legen kann. Wenn die Besucher dies vorher in Gedanken durchspielen und dann an der Station selber ausprobieren, sorgt das immer wieder für Überraschungen!
DC: Als ganz aktuelle Empfehlung läuft als Zusatzprogramm der Matheausstellung im Oktober unser Seifenblasenfestival mit Seifenblasenkünstlern wie Tom Noddy und schillernden Seifenblasenexperimenten zu Minimalfächen. Schulklassen bieten wir eine Rallye durch die Ausstellung, Workshops und Entdeckertouren zu unterschiedlichen Themen. Darunter gibt es auch eine phænolini-Tour für Erstklässler. Angebote für Schulklassen finden Sie hier. Zum 5-jährigen Jubiläum unserer populären Vortragsreihe läuft nach dem Start in 2008 jetzt wieder eine Vortragsreihe zur Mathematik. Das aktuelle „Mathe x anders"-Vortragsprogramm finden Sie hier. Der Eintritt zu den Vorträgen ist frei.

Die Mathematik-Ausstellung läuft noch bis Mitte Februar 2014.
Mehr unter: www.phaeno.de