Die kreative junge Mathematik- und Deutschlehrerin Corinna Löhr studierte in Mainz an der Johannes-Gutenberg-Universität und ging nach einer kurzen wissenschaftlichen Tätigkeit dort 2002 in den Schuldienst. Inzwischen hat sie am Mons-Tabor-Gymnasium in Montabaur einige sehr spannende und außergewöhnliche Mathematik-Projekte durchgeführt. Seit 2009 schreibt sie auch an einer Dissertation über Hermann Broch, welche den Bogen von der Mathematik zur Literaturwissenschaft zieht.

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(Foto: privat)

Was hat Sie an der Mathematik als erstes begeistert? Es kann gerne auch schon ein Erlebnis aus der Jugendzeit sein...
Schwierige Frage, ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht daran erinnern, jemals keine Begeisterung für Mathematik empfunden zu haben. Vielleicht liegt das an meinen frühesten Einflüssen: Denn was für eine Chance hat man, wenn man als Säugling in der Babywippe auf dem Küchentisch steht, an dem der eigene Vater Mathematikarbeiten korrigiert?

Warum sind Sie Mathematik-Lehrerin geworden?
Ich arbeite gerne mit Menschen, besonders mit jungen Menschen zusammen und habe schon sehr früh gemerkt, dass ich gut mathematische Inhalte vermitteln kann. Außerdem habe ich fast immer - bis auf endlich viele Ausnahmen! - positive Erfahrungen im Zusammenhang mit der Mathematik gemacht, die ich gerne weitergeben möchte.

Die Schule als Berufsumfeld bietet mir die Möglichkeit, Kinder für dieses Gebiet zu begeistern, ich kann mir dafür keinen besseren Ort vorstellen. Ich empfinde es als wirklich schade, dass dieses Fach so oft den Titel „Hassfach" oder „Angstfach" trägt, ein Bild, das sich meiner Meinung nach dringend ändern muss, denn Mathe ist spannend und schön und bietet für alle Sinne etwas.

Wie gelingt es Ihnen, Ihre Schülerinnen und Schüler für die Mathematik zu begeistern?
Meine Projekte lassen sich vielleicht als Art Magnet verstehen, die Schülerinnen und Schüler sind neugierig, wenn ich von meinen Plänen berichte und machen mit. Während der Arbeit erleben sie immer wieder Momente der Überraschung und sind regelrecht verwundert, welche Facetten die Mathematik hat und wie viel Freude sie bereiten kann. Sind sie einmal in das Magnetfeld eingetreten, wirkt die Anziehungskraft meist weiter.

... man jederzeit mit allem rechnen muss.       Corinna Löhr


Wirkt die Begeisterung der Schüler für die Mathematik auch in den normalen Unterricht hinein? Wie schaffen Sie es dort zu begeistern?

Wahrscheinlich schwappt meine eigene, grenzenlose Begeisterung einfach über. Kürzlich sagte eine Schülerin aus meinem 12er Kurs zu mir: „So eine verrückte Mathelehrerin wie sie, habe ich noch nie gesehen.", das habe ich als großes Kompliment aufgefasst.

Ich bringe einfach alles Mögliche mit der Mathematik in Verbindung und auch in den Unterricht, egal ob KFZ-Kennzeichen, Spaghetti, oder Geschichten zu Ernie und Bert in der Stochastik. Mathe ist toll und überall, und die Kinder und Jugendlichen sollen das erfahren.

Wenn ich schöne Kirchenfenster sehe, überlege ich direkt, wie ich sie im Unterricht verwenden kann. Als mein Sohn vor ein paar Wochen die farbliche Verteilung der Smarties in einer Packung erforschte, schwirrte mir gleich eine Idee für eine Statistikaufgabe in den Sinn ...

Gerade werden wieder viele Abiturienten entlassen. Alle stehen vor der beruflichen Entscheidung. Warum würden Sie Ihnen ein Mathematik-Studium empfehlen?
Mit Mathe wird es einfach nie langweilig, man muss wirklich nicht fürchten, einmal am Ende zu sein und alles verstanden zu haben, nein, je mehr man lernt und in die verschiedenen Themengebiete eintaucht, desto mehr interessante Fragen und Themen eröffnen sich. Das ist wunderbar!

Im Übrigen bietet ein Mathematikstudium sehr gute und vielseitige berufliche Möglichkeiten, denn Mathematik findet nahezu überall Anwendung, ein Aspekt, der sicher auch nicht außer Acht gelassen werden sollte.

Beschreiben Sie bitte Ihre umfangreichsten Projekte aus dem letzten Jahr.
Meine umfangreichsten Projekte im letzten Jahr waren
- Der Bau riesiger Heißluftballons aus Seidenpapier in Form von klassischen Fußbällen anlässlich der Fußball-WM

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- Eine „Mathematische Leseecke" mit Büchern, Geschichten, Experimenten etc.
- Große Wandkalender passend zur Aktion der DMV „Mathe im Advent"

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- Eine schulinterne Preisverleihung für ca. 500 Schülerinnen und Schüler zum Mathekalender 2010
- Bau eines Sierpinski-Tetraeders, bzw. der 4. Iterationsstufe

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Allen meinen Projekten ist gemeinsam, dass sie etwas zum Begreifen im wörtlichen Sinn bieten und dass sie in der Regel nur in Teamarbeit zu leisten sind. Wer mal an einem Sierpinski-Tetraeder mit gebaut hat, erfährt die Idee der fraktalen Geometrie.

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Spätestens beim Legen eines Sierpinski-Dreiecks aus Toblerone-Stückchen ist die Zuneigung geweckt, denn Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen.

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Infos und Fotos zu den Projekten von Corinna Löhr findet man auf der Schulhomepage des Mons-Tabor-Gymnasiums.