Malte Lackmann, 19 Jahre, kommt aus der Nähe von Kiel (Schleswig Holstein) und zählt zu den erfolgreichsten deutschen Schülern bei den mathematischen Schülerwettbewerben. Nach seinem Abitur 2009 hat er sich entschieden, in Bremen ein freiwilliges kulturelles Jahr für die Mathematik anzutreten. Stephanie Schiemann vom DMV-Netzwerkbüro Schule - Hochschule sprach mit ihm:

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(Foto: privat)

Was war dein erstes mathematisches Erlebnis?
Das erste mathematische Erlebnis meines Lebens, an das ich mich erinnern kann, war das hier: Als ich in der ersten Klasse war, wurde ich gefragt, wie oft zwei Monate aufeinanderfolgen, die beide 31 Tage haben. Ich hab sofort „Juli und August" gesagt, aber ich habe ziemlich lange gebraucht, um auf „Dezember und Januar" zu kommen. Als ich das rausgekriegt habe, das war schon ein ziemlich cooler Moment, an den ich mich oft erinnert habe.

Dein mathematisches Talent hat sich in der Schule entwickelt. Wer hat dich „entdeckt" und wie wurdest du gefördert?
Das erste Mal richtig mit der Mathematik in Berührung gekommen bin ich über die Mathe-Olympiade. Eine ehemalige Mathe-Lehrerin von mir hat mich mal in der achten Klasse angesprochen, ob ich nicht bei diesem Wettbewerb mitmachen wollte. Das hab ich dann einfach ausprobiert und bin eher unvorbereitet relativ erfolgreich gewesen. Mich hat es dann erst Mal nicht mehr losgelassen. In den nächsten Jahren habe ich immer wieder teilgenommen und versucht, jedes Mal besser abzuschneiden.
Dabei haben mich viele Leute unterstützt, indem sie mich für die Wettbewerbe trainiert haben, erst in Schleswig-Holstein im Training für die Mathe-Olympiade und dann im IMO-Training.

Mathematik-Wettbewerbe sind nicht jedermanns Sache. Viele trauen sich da nicht ran. Was macht den Reiz an den Wettbewerben aus?
Ok, ich hole jetzt etwas weiter aus: Ich finde, dass Mathematik eine Art von Schönheit und „Ästhetik" hat, die nicht viele andere Dinge haben. Und wenn man auf irgendeine Weise eine mathematische Einsicht hat, gibt das einem ein cooles Gefühl, das man bei nichts anderem hat (zumindest hab ich noch nichts anderes gefunden). Aber bis man soweit ist, diese Schönheit zu empfinden, dauert es manchmal eine kleine Zeit und braucht ein bisschen Ausdauer. Wie viel, das hängt natürlich davon ab, um was es geht. Aber im Allgemeinen erfordert es mehr Anstrengung, um Mathematik genießen zu können, als um eine Tafel Schokolade genießen zu können.
Und wenn man den Ehrgeiz hat, Mathe-Wettbewerbe zu gewinnen (oder auch: in der Schule o.ä. in Mathe gut zu sein), dann hilft einem das vielleicht über die ersten anstrengenden Teile am Anfang hinweg. Das hat zumindest bei mir so funktioniert: In den ersten ein, zwei Jahren, als ich angefangen habe, an Mathe-Wettbewerben teilzunehmen, ging es mir vor allem darum, in den Wettbewerben gut abzuschneiden. Nach einiger Zeit wurde ich dann „Mathe-süchtig" und die Wettbewerbe wurden mir egaler. Es gibt aber auch Leute, bei denen das genau umgekehrt wirkt, die bei solchen Wettbewerben eher Angst vor schlechtem Abschneiden haben und für die deswegen die Hürde dadurch noch größer wird. Aber Wettbewerbe sind natürlich nicht der einzige Weg, um an die schönen Aspekte der Mathematik herangeführt zu werden, ein anderer Weg ist es z.B. von anderen Leuten mitgerissen zu werden. Das erreichen z.B. oft Lehrer, die Arbeitsgemeinschaften für fortgeschrittene Schüler anbieten.

Nenne doch bitte auch deine größten Erfolge.
Meine größten Erfolge in Mathe-Wettbewerben waren wahrscheinlich meine Teilnahmen an internationalen Wettbewerben: dreimal an der Internationalen Mathematik-Olympiade (IMO), in den Jahren 2007-2009 (wobei ich zwei Silbermedaillen gewonnen habe), und dreimal (2006-2008) am Baltic Way, einem Teamwettbewerb, in dem das deutsche Team in den Jahren, in denen ich teilgenommen habe, den 4., 3. und 2. Platz erreicht hat. Auch beim Bundeswettbewerb Mathematik bin ich schon zweimal Bundessieger geworden.

... Mathematik zählt.                                         Malte Lackmann


Nach deinem Abitur hast du einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen. Welchen?

Ich mache ein freiwilliges kulturelles Jahr in der Talentförderung Mathematik in Bremen. Meine Stelle wurde mit diesem Jahr erst neu eingerichtet und ich hatte deswegen öfters die Möglichkeit, meine Aufgaben selbst zu definieren, was oft eine Herausforderung war, aber eine interessante Herausforderung.
In meinem Fall war das also ein sehr ungewöhnlicher und neuer Weg, aber es wäre natürlich toll, wenn es in Zukunft diese Möglichkeit auch an anderen Orten und für andere junge Menschen gäbe.

Nun ist dein Freiwilliges Kulturelles Jahr fast vorbei. Was war deine Hauptaufgabe? Was hast du in Bremen bislang bewegt?
Alles, was ich bewegt habe, habe ich natürlich nicht alleine gemacht, sondern mit der Unterstützung von vielen engagierten Leuten, die schon seit Jahren in Bremen aktiv sind. Trotzdem denke ich, dass wir in diesem Jahr in Bremen ein paar neue Aktivitäten ins Rollen gebracht haben. Es gibt alle zwei Wochen Talentförderungstermine für alle Klassenstufen, die ich mit vorbereite und durchführe, und daneben einzelne Events für die Talentförderungs-Schüler (und andere interessierte Schüler) wie die Mathe-Ferienfahrt (s.u.). Außerdem helfe ich mit, verschiedene Wettbewerbe in Bremen zu organisieren oder auch neu einzuführen, weil ich denke, dass das ein sehr guter Weg ist, Schüler für Mathematik zu begeistern (siehe meine eigene „Geschichte"). Um all solche Sachen zu koordinieren, haben wir in Bremen außerdem gerade einen Verein gegründet: „Mathematik in Bremen! e. V."
Bei der Gründung habe ich auch ein bisschen mitgeholfen (so eine Vereinsgründung ist mehr Papierkram und Hin-und-Her, als ich dachte). Man findet hier einige Hinweise.

Was war das Highlight in deinem mathematischen Jahr? Beschreibe es ein wenig.
Ok, das Jahr hatte natürlich viele Highlights. Ein besonderes war sicherlich die Talentfahrt im Mai. Da sind wir mit unseren Talentförderungs-Schülern für fünf Tage in ein Schullandheim in der Nähe von Hamburg gefahren und haben eine wirklich schöne Zeit gehabt mit viel Mathematik und allem, was sonst noch so Spaß macht - Schwimmen, Fußball, einem Geländespiel, Schach, Mafia u.v.m.

... und danach? Wie sehen deine Zukunftspläne aus?
In näherer Zukunft werde ich wahrscheinlich anfangen Mathe zu studieren. Und für die fernere Zukunft habe ich bis jetzt keinen Plan.

Hast du außer der Mathematik auch noch andere Hobbies?
Ja. Also früher habe ich Handball und Geige gespielt, als ich nach Bremen umgezogen bin, hab ich es leider nicht auf die Reihe gekriegt, da wieder Anschluss zu finden (obwohl ich mir das natürlich immer wieder vornehme). Dafür gehe ich in letzter Zeit öfters mal mit ein paar Freunden Fußball spielen. Außerdem interessiere ich mich für solche Sachen wie die Fußball-Bundesliga. (Oder jetzt genau ein Jahr lang für die zweite Liga, da ich ein Fan von Hertha BSC bin.)

Abschließend würde mich interessieren, woher deine mathematischen Gene kommen? Kannst du es dir erklären?
Ich denke nicht dass ich mathematische Gene habe. Ich denke auch nicht, dass man die braucht, um sich für Mathe zu interessieren oder Spaß daran zu haben oder auch gut darin zu sein. In meiner Familie gibt es keine Vorbilder, doch mein Vater hat mein mathematisches Interesse immer sehr unterstützt. Vielen Dank!


Links zu Mathe-Wettbewerben:

Mathematik-Olympiade

Bundeswettbewerb Mathematik

Känguru-Wettbewerb

Internationale Mathematik-Olympiade

Baltic Way Mathematical Team Contest