Jan Lietzau, 37 Jahre, stammt aus dem hohen Norden, genauer gesagt aus der Nähe Flensburgs. Er studierte Lehramt für Grund-und Hauptschule mit den Unterrichtsfächern Mathematik, Physik und Sport an der Universität Flensburg und sammelte an diesen Schulformen auch Unterrichtserfahrungen. Desweiteren war er für vier Jahre an das Institut für Mathematik und ihre Didaktik der Universität Flensburg als Lehrer abgeordnet.
Durch seine Schwester, die im Immobilienscout24-Team um Arndt Kwiatkowski mitgearbeitet hat, stieß er zu dem enthusiastischen Gründerteam der online-Lernplattform bettermarks und ist dort seit Sommer 2008 als didaktischer Leiter tätig. Das engagierte Team umfasst inzwischen über 60 Mitarbeiter, die Herr Lietzau von der didaktischen Seite her koordiniert. Noch ist die Nutzung von bettermarks für alle komplett kostenlos und so soll es für die Schule auch langfristig bleiben. Die Möglichkeiten der Lernplattform sind vielseitig, die individuelle Diagnosekompetenz beeindruckend.

jan lietzau

(Foto: privat)

Was war ihr erstes mathematisches Erlebnis gewesen?
Mathematik hat mir grundsätzlich immer Spaß gemacht, da es mir sehr leicht fiel. Richtig gefesselt hat mich die Mathematik als ich mich im Rahmen meiner ersten Staatsexamensarbeit mit der Bestimmung des Kugelvolumens nach Archimedes beschäftigt habe.
Die Kombination aus Mathematik und Physik sowie deren sinnvolle Verknüpfung haben mich nachhaltig beeindruckt und mein Interesse für elementarmathematische Fragestellungen geweckt.
 
Sie haben Mathematik an der Grund- und Hauptschule unterrichtet. Was hat Ihnen da besonders Spaß gemacht?
Besonderen Einfluss auf meine Entwicklung als Mathematiklehrer hatte eine Unterrichtsstunde während meiner Ausbildung in einer vierten Klasse. Die Schülerinnen und Schüler bekamen die Aufgabe alle möglichen Würfelnetze zu finden. Es war interessant zu beobachten, wie aus einer chaotischen Suche eine strukturierte Suche wurde, die in den meisten Fällen zu einem gut begründeten Ergebnis führte. Die Tatsache, dass viele Schülerinnen und Schüler erklären konnten, dass es nur ihre gefundenen 11 Würfelnetze geben kann, hat meine Einstellung, hin zu einem argumentativ geprägten Mathematikunterricht nachhaltig geprägt.
 
Warum haben Sie sich dafür entschieden Mathematiklehrer zu werden?
Ursprünglich musste ich mich zwischen Deutsch und Mathematik entscheiden. Mathematik ist mir als Schüler immer sehr leicht gefallen, da war die Entscheidung schnell klar. Später als Lehrer habe ich mich immer wieder über diese Entscheidung gefreut. Es macht einfach Spaß, Mathematik zu unterrichten.
 
Sie haben auch einige Jahre als Mathematiklehrer in verschiedenen Schulformen gearbeitet. Worin sehen Sie die täglichen Schwierigkeiten?
Es gibt verschiedene Schwierigkeiten:
1) Die Heterogenität der Lerngruppen ist gerade in der Grundschule, aber auch der Sekundarstufe sehr groß. Nur selten gelang es mir, alle Schüler entsprechend ihrer Begabung individuell zu fördern.
2) Häufig habe ich in den von mir unterrichteten Klassen sehr spät bemerkt, dass einige Schüler Schwierigkeiten hatten neue Inhalte des Mathematikunterrichts zu erlernen, weil Ihnen die Lernvoraussetzungen aus den vorangegangenen Unterrichtseinheiten fehlten. Dieses notwendige Aufarbeiten von Lernvoraussetzungen kommt im Schulalltag häufig zu kurz und wird mit z.B. mit dem Auswendiglernen von „Rezepten" kompensiert. Dies wiederum führt langfristig in eine Sackgasse.
3) Mathematik wird gerade in der Grundschule häufig fachfremd unterrichtet. Trotz des hohen Engagements der Kolleginnen und Kollegen, wird der Unterricht häufig aufs Rechnen lernen reduziert. Gerade in dieser lernwilligsten Phase des Schülerlebens wird so manche Begabung nicht ausreichend gefördert. Argumentative Aspekte des Mathematikunterrichts wie begriffliche Aufgaben, Schätzübungen, geometrische Inhalte und eine Propädeutik des Beweisens kommen häufig nicht ausreichend zum Tragen.
4) Schülerinnen und Schüler wollen eine Bestätigung ihrer Leistung! Die wohl am häufigsten gestellte Frage des Mathematikunterrichts, ist die nach der Richtigkeit der Lösung. Als Lehrer ist es schier unmöglich dem Bedürfnis nach Anerkennung in ausreichendem Maße nachzukommen.
5) Inhaltliches Verständnis entsteht nach meiner Erfahrung durch Interaktion und Reflektion. Dies kann in den Übungsphasen des Unterrichts und gerade bei den Hausaufgaben kann aktuell nicht geleistet werden.
 
 
Die Entwicklung eines online-Lernsystem für Mathematik ist ein sehr ambitioniertes, umfangreiches Projekt, das nicht ohne Risiko ist. Was ist das Neue an bettermarks? Beschreiben Sie es möglichst kurz.
Bettermarks machte Mathe lernen einfacher. Um dies zu erreichen optimiert es den Mathematikunterricht in genau den eben erwähnten Punkten.
Bettermarks ermöglicht es den Lehrern den Unterricht deutlich einfacher zu individualisieren.
Bettermarks vernetzt die Inhalte des Mathematikunterrichts miteinander, d.h. Schülerinnen und Schüler mit Defiziten in bestimmten Kompetenzen können diese explizit „nacharbeiten". Allen Schülern wird nach der Fertigstellung von bettermarks zu diesem Zweck die gesamte Schulmathematik online zur Verfügung stehen.
Die Vernetzung der Inhalte und das Empfehlungswesen von bettermarks erleichtern auch fachfremd unterrichtenden Kollegen die Planung des Unterrichts.
Bettermarks gibt den Schülerinnen und Schülern immer eine unmittelbare Rückmeldung über ihre Ergebnisse. Wurden die Aufgaben vom Lehrer zusammengestellt, können die Schüler sicher sein, dass ihre Leistung auch wahrgenommen wird (dies kann positiv oder negativ für sie sein). Der Lehrer sieht in welchen Kompetenzbereichen einzelne Schüler aber auch insgesamt die Gruppe noch Lücken hat, was wiederholt werden muss und was bereits gut verstanden wurde. Arbeiten die Schüler im privaten Bereich, können sie selbst ihre Lernfortschritte in einem individuellen Leistungsprofil ablesen.
Da bettermarks entsprechend den Ergebnissen der Übungen und Tests Empfehlungen ausspricht, können sich alle Schülerinnen und Schüler individuell verbessern. Erfahrbare Leistungssteigerungen führen bei Schülerinnen und Schülern nach meiner Erfahrung zu verstärkter Motivation, die wiederum in erhöhte Leistungsbereitschaft mündet und damit zu verbesserten Leistungen führt.
Bettermarks ermöglicht eine Interaktion und provoziert Reflektionen. Interaktion ist durch Feedbacks das Aufrufen von Hinweisen, Hilfestellungen und Erklärungen gegeben. Schülerinnen und Schüler werden bei Problemen nicht allein gelassen. Hürden können, so auch bei den Hausaufgaben, überwunden werden. Reflektionen provozieren vor allem unmittelbare Feedbacks. Ich beobachte immer wieder, dass Schülerinnen und Schüler auf den simplen Hinweis „Das ist leider nicht richtig." oder auf gezielte Feedbacks zunächst verwirrt reagieren (Wieso, dass ist doch richtig?), dann aber beginnen ihre Lösung und den Weg dahin zu reflektieren und zu modifizieren. Dabei helfen ihnen wiederum die oben genannten Hilfestellungen. Eine deutliche Verbesserung der Lernumgebung z.B. für das Bearbeiten von Hausaufgaben.
 
Wie sind Sie dazu gekommen dort mit zu arbeiten?
Nachdem mir die Möglichkeiten eines online-Lernsystems klar geworden waren, konnte ich den großen Hebel, der mir in die Hand gelegt wurde, unmöglich wieder weglegen.

... wir sie viel häufiger verwenden als wir vermuten. Jan Lietzau


Was ist Ihre Aufgabe bei bettermarks und warum reizt Sie diese besonders?

Ich bin bei bettermarks für die Konzeption der Inhalte verantwortlich. Vornehmlich koordiniere ich ein Team von motivierten Lehrern und Mathematikern, die die Aufgaben, Erklärungen und Hinweise für bettermarks entwickeln.
 
Erläutern Sie kurz des Stand Ihres Projekts. Was ist, bis wann geplant?
Aktuell (April 2010) bieten wir bei bettermarks inhaltlich große Teile der Klassenstufen 5 und 6 an. Zusätzlich einige Inhalte für die Klasse 4 und die Klasse 7. Bis zum Beginn des Schuljahres 2010/11 werden wir die Klassenstufen 4 bis 7 aller Bundesländer und Schulformen nahezu vollständig abgebildet haben. Zusätzlich werden wir erste Inhalte der Klasse 8 abbilden. Ziel ist bis zum Jahresende 2011 die gesamte Schulmathematik vom ersten Schultag bis zum Abitur online anzubieten.
 
Wie stellen Sie sich das Mathematik-Lernen von morgen mithilfe Ihres online-Lernsystems vor? Nennen Sie kurz die drei wichtigsten Punkte.
1) Bettermarks unterstützt Schülerinnen und Schüler beim Lernen von Mathematik. Dabei orientiert sich bettermarks zuerst am Lerner und seinen Voraussetzungen und erst dann an der Mathematik.
2) Alle Schülerinnen und Schüler haben immer Zugriff auf den gesamten Lernstoff der Schulmathematik, können bei Bedarf Inhalte beliebig wiederholen oder auch vorausarbeiten.
3) Lehrerinnen und Lehrer haben jederzeit einen detaillierten Überblick über den Lernstand eines jeden Schülers und sind durch bettermarks in der Lage individuell abgestimmte Lernpakete zu schnüren.
 
Welche Visionen verfolgt bettermarks mit dem Mathe-online-Lernsystem bettermarks?
Bettermarks macht Mathelernen einfacher! Wir wollen Schülerinnen und Schüler zu individuellen Erfolgen führen und damit das Bildungsniveau in Mathematik in der Breite nachhaltig verbessern.
 
Gibt es Familienmitglieder, die Ihre Leidenschaft für die Mathematik teilen? Wie sehen sie Ihr selbstloses Engagement bei bettermarks?
Vor allem meine Frau, die selbst Mathematiklehrerin ist, teilt meine Begeisterung für das Vermitteln von Mathematik.
 
Welche Interessen - außer der Mathematik - haben Sie noch?
Ich laufe leidenschaftlich gerne und kämpfe verzweifelt darum mit zunehmendem Alter meinen 10 km Bestzeiten aus den frühen 90er Jahren möglichst nahe zu kommen. Als Flensburger bin ich dem Handball verfallen (als Zuschauer und Vater). Wenn mir neben meiner Familie dann noch etwas Zeit bleibt, koche, esse und lese ich sehr gerne.
 
Mehr Informationen zu dem Mathe-online-Lernsystem bettermarks finden Sie hier.