Maren Martens ITDr. Maren Martens ist stellvertretende Leiterin des Competence Centers München beim Softwarehersteller PSI Logistics. Zusammen mit ihrem 15-köpfigen Team entwickelt sie Optimierungssoftware für Kund*innen auf der ganzen Welt. Die 32-jährige Expertin für Netzwerkflussoptimierung plant die Einsätze ihrer Mitarbeiter*innen und berät Unternehmen, die mit der Software ihre Lagerverwaltung oder die Steuerung ihrer Produktionsanlagen verbessern möchten. Kristina Vaillant, freie Journalistin in Berlin, sprach im Auftrag der DMV mit Frau Martens.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Mathematik zu studieren?
Dass Mathematik „mein Fach“ ist, wusste ich schon in der Schule. Ich wollte deshalb nach dem Abitur Mathematik studieren, aber ich dachte damals, Mathematik sei eine brotlose Kunst. Deshalb habe ich zunächst Betriebswirtschaftslehre studiert. An der Uni habe ich dann nach und nach erfahren, dass auch Mathematiker gute Aussichten auf einen Job in der Wirtschaft haben. Also habe ich nach dem ersten Semester auf Wirtschaftsmathematik umgesattelt.

Wo haben Sie studiert... ?
Wirtschaftsmathematik habe ich an der Technischen Universität Berlin studiert und dort 2003 auch mein Diplom abgelegt. Es hat mir großen Spaß gemacht, mich in der Diplomarbeit mit Netzwerkoptimierung zu beschäftigen, deshalb bin ich in der Wissenschaft geblieben.

... und wo hatten Sie Ihren ersten Arbeitsplatz?
Nach dem Diplomabschluss ging ich für einige Monate als wissenschaftliche Mitarbeiterin an das Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken und habe dort weiter an der theoretischen Betrachtung der Netzwerkflussoptimierung gearbeitet. Schließlich habe ich auf diesem Gebiet an der Technischen Universität Dortmund promoviert. Danach war ich noch drei Jahre als Post-Doc an der University of British Columbia und am Zuse-Institut in Berlin beschäftigt, wo eher anwendungsorientiert geforscht wird. Von dort aus war der Sprung in die Wirtschaft dann nicht schwer. Mein erster Arbeitgeber war ab 2010 die Axxom Software AG, von der später Teile von PSI Logistics übernommen wurden.

In welchem Bereich sind sie heute als Mathematikerin tätig?
Ich bin stellvertretende Leiterin bei PSI Logistics am Standort München, eines von fünf Kompetenzzentren, in denen Software für die Logistik entwickelt wird. Offiziell nenne ich mich „Leiterin Produktion“, das ist ein Titel, der von der Ingenieurstradition meines Arbeitgebers herrührt. PSI wurde 1969 als Ingenieursunternehmen in Berlin gegründet, und es war damals eines der ersten deutschen Unternehmen, die Software entwickelt haben. Mit meinem Team in München betreue ich hauptsächlich Kunden aus dem Handel und der Pharma- und Chemiebranche. Für diese Unternehmen entwickeln wir Software, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist, wir implementieren die Software und warten danach auch das System.

Wie hilft diese Optimierungs-Software Ihren Kund*innen?
Einer unserer wichtigen Kunden ist zum Beispiel Avon Cosmetics. Bei dem US-amerikanischen Kosmetik- Unternehmen läuft unsere Software in 26 Ländern der Welt, die meisten davon in Südamerika. Von dort aus werden tausende verschiedene Produkte zu Lieferungen zusammengestellt und verpackt. Mit Optimierungsalgorithmen finden wir die günstigste Anordnung der Artikel im Lager, so dass sie möglichst schnell abgelegt und wiedergefunden werden können. Zum Beispiel bestimmen wir den günstigsten Platz für die am häufigsten georderten Artikel. Wir optimieren auch die Verpackungen, so dass die Ware möglichst effizient verpackt, versendet und die Verpackung an saisonbedingte Veränderungen angepasst werden kann. Bei Versandhäusern, die Kleidung verschicken, ist das besonders wichtig – Winterbekleidung braucht großräumigere Verpackungen. Wir bedienen aber auch zahlreiche Großunternehmen aus der Chemie- und Pharmabranche. Mithilfe der PSI-Software können sie ihre Produktionsanlagen optimal steuern: Was wird wo, zu welchem Zeitpunkt produziert? In der Mathematik ist das ein klassisches Scheduling-Problem – erweitert um zahlreiche Nebenbedingungen, die in der Praxis auftreten.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Produktionsleiterin aus?
Hauptsächlich plane und organisiere ich Projekte und Arbeitsprozesse, dafür führe ich Gespräche mit meinen Mitarbeitern und mit unseren Kunden. Die Optimierungsalgorithmen entwickeln und die Software schreiben – das machen zwar meine Mitarbeiter, aber ich bringe meine Ideen ein. Die Zusammenarbeit mit Kunden und die strategische Planung für die Abteilung – beispielsweise die projektbezogene optimale Teamzusammenstellung – machen mir großen Spaß.

Sind ihre Kolleg*innen meistens auch Mathematiker*innen?
Hier in München sind die meisten theoretische Informatiker oder Mathematiker, viele von ihnen promoviert. Außerdem gibt es in meinem Team auch immer einige Studentinnen und Studenten. Ich habe auch viele ehemalige Mathematiker-Kolleginnen und -Kollegen als Mitarbeiter für PSI gewinnen können.

Wie gelingt jungen Mathematiker*innen der Einstieg in Ihre Berufssparte?
Für mich selbst kann ich sagen, dass es mir besonders geholfen hat, dass ich mich in der diskreten Optimierung und speziell in der Netzwerkflussoptimierung gut auskenne. Das theoretische Wissen, das ich mir in der Forschung erarbeitet habe, wende ich täglich an. Der Bereich, in dem ich bei PSI tätig bin, ist auf jeden Fall ein Wachstumsmarkt. Wenn man sich nur den boomenden Internethandel anschaut – diese Unternehmen brauchen mathematische Kompetenz, um ihre Warenlager effizient zu organisieren und zu verwalten.