Uwe Iben Wirtschaft

Ausbildung zum Mathematiker:
Studium Numerische Mathematik und Promotion an der TU Dresden

Jetzige berufliche Position:
Chief Expert for Multi-phase flow and Cavitation, Robert Bosch GmbH; 70839 Gerlingen

Frühere berufliche Positionen:
Simulationsingenieur, Projektleiter

Wie haben Sie Ihre jetzige Stelle gefunden? Wie lange mussten Sie suchen?
Ich wurde von einem Mitarbeiter der Robert Bosch GmbH angesprochen, ob ich im Bereich Simulation in der Zentralen Forschung und Vorausentwicklung arbeiten möchte.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitsalltag aus? Welche Rolle spielt die Mathematik dabei?
Der Chief Expert ist für die Themen Mehrphasenströmung und Kavitation für die gesamte Bosch-Gruppe zuständig. Er berät die Entwicklungsabteilungen zu den o.g. Themen, unterstützt Projekte, leitet einen Arbeitskreis, in dem aktuelle Fragestellungen diskutiert und gelöst werden, plant Grundsatzexperimente. Weiterhin pflegt er einen engen Kontakt mit wissenschaftlichen Einrichtungen und Universitäten. Ein Schwerpunkt ist die Simulation von komplexen Mehrphasenströmungen. Hier spielt Mathematik eine zentrale Rolle – nämlich die Lösung partieller und gewöhnlicher Differentialgleichungen. Im Sommersemester halte ich eine Vorlesung zum Thema Mehrphasenströmungen in der Industrie am Institut für Luft- und Raumfahrt der Universität Stuttgart.

Sind Sie mit Ihrem Beruf zufrieden?
Ja. Die Position des Chef Expert bei der Robert Bosch GmbH ist sehr abwechslungsreich. Nur wenige Firmen bieten derart interessante Positionen.

Finden Sie die Mathematik-Ausbildung an der Universität angemessen in Hinblick auf die beruflichen Herausforderungen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
An der TU Dresden haben wir sehr praxisorientiert studiert. Es gab technische Nebenfächer, in denen man die Mathematik anwenden konnte. Das erlernte strukturierte Denken hilft mir im Beruf sehr.

Wenn Sie noch einmal Abiturient wären, würden Sie dann wieder Mathematik studieren?
Ja, auf alle Fälle. Mathematik ist der Schlüssel zu jeder anderen Wissenschaft – ob es Maschinenbau, Finanzwirtschaft oder Musik ist. Eine gute mathematische Ausbildung kann man nicht ersetzen.

Was bedeutet Ihnen persönlich die Mathematik?
Sehr viel. Mathematik ist Hilfsmittel und Philosophie zugleich. Mit Bleistift und Papier kann man spannende Reisen in die Welt der Zahlen, Gleichungen und Logik unternehmen und die umgebenden Naturprozesse vereinfacht abbilden.

Haben Sie Zeit (und Lust), sich neben dem Beruf über (für Sie) neue und aktuelle Bereiche der Mathematik zu informieren?
Die Lust an mathematischen Fragestellungen habe ich nicht verloren. Häufig fehlt es an Zeit, nach einem langen Arbeitstag noch mathematische Problemstellungen zu erörtern.

Interessieren Sie sich für philosophische Fragen im Zusammenhang mit der Mathematik?
Ja, hin und wieder beschäftige ich mich mit den ägyptischen Pyramiden und dem dort verborgenen Wissen.

Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die Mathematik in der Öffentlichkeit häufig negativ bewertet wird?
Mathematik wird oft als ein notwendiges Übel in der Schulausbildung dargestellt und häufig fehlt der Praxisbezug. Es fehlt das spielerische Herangehen, hier gibt es bereits Defizite in der vorschulischen Erziehung. Mathematik kann man nicht auswendig lernen, man muss und kann sie verstehen. Ich habe neben dem Studium sehr viel Nachhilfe in Mathematik gegeben. In dieser Zeit wurde mir klar, dass vielen Studenten die grundlegende Wissensbasis fehlt und die komplexeren Fragestellungen dadurch nicht erschließbar waren. Irgendwann verlieren sie dann die Lust an der Mathematik.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit zur Beantwortung unserer Fragen genommen haben!