Andreas Rupp WirtschaftAusbildung zum Mathematiker:
Kath. Universität Eichstätt, Studium der Diplom-Mathematik mit Nebenfach BWL, Schwerpunkt Angewandte Statistik, Zeitreihenanalyse (1992 – 1998)

Jetzige berufliche Position:
Tradoria GmbH, Leiter Finanzen (seit 2010)

Frühere berufliche Positionen:
BAUR Versand, Risikocontroller (1998 – 2002)
BAUR Versand, Leiter Kreditwesen (2002 – 2010)

Wie haben Sie Ihre jetzige Stelle gefunden? Wie lange mussten Sie suchen?
Wurde auf einer Fach-Veranstaltung von der Geschäftsführung angesprochen. Wir hatten dann ein relativ zwangloses Vorstellungsgespräch, die Chemie stimmte sofort, und so ging es relativ zügig in die Vertragsgestaltung.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitsalltag aus? Welche Rolle spielt die Mathematik dabei?
Verantwortlich um alles rund ums Payment, ich prüfe, reporte und optimiere unsere Zahlungssysteme im Shop, kümmere mich gleichzeitig um eine adäquate Risikoprüfung und den Mahnprozess, falls notwendig. Ich halte das Geld zusammen, sorge für ausreichende Liquidität im Unternehmen. Ansonsten verantworte ich klassische Buchhaltungs- und Abschlusstätigkeiten. Eigentlich braucht es dafür keinen Mathematiker, die Branche (Debitorenmanagement, Mahn- und Inkassowesen, Zahlungsabwicklung) ist aber relativ klein und ich bewege mich hier seit einigen Jahren in diesem Umfeld.

Hin und wieder entwickle ich Scorekarten, da brauche ich tatsächlich statistisches Wissen und Verfahren (v.a. Regressionsanalyse) und eine geeignete Software (SAS, mit Excel kommt man da nicht weit!)
Und es ist von riesigem Vorteil, den Titel Mathematiker zu tragen, denn keine einzige Zahl von mir wird hinterfragt oder angezweifelt, der Tenor ist eher: „Das muss ja richtig sein, der hat schließlich Mathe studiert!“

Sind Sie mit Ihrem Beruf zufrieden?
Ja

Finden Sie die Mathematik-Ausbildung an der Universität angemessen in Hinblick auf die beruflichen Herausforderungen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Was mir sehr hilft, ist der Umgang mit der Statistik-Software SAS, ansonsten brauche ich von dem universitär vermittelten Wissen nahezu nichts. Was mir natürlich stark hilft, ist die analytische Herangehensweise an komplexe oder neue Fragestellungen, das Abstraktionsvermögen, und die Fähigkeit, alles sofort bewerten/quantifizieren zu können.

Wenn Sie noch einmal Abiturient wären, würden Sie dann wieder Mathematik studieren?
Schwierige Frage: ich denke nein, einfach weil die Ausbildung zum Diplom-Mathematiker zu weltfremd ist. Wenn ein Praxisbezug völlig fehlt und man sich mit Theorien der Theorie wegen herumschlägt, dann ist das manchmal sehr hart zu verkraften. Beispiel Funktionentheorie: Schön, dass eine Integration im n funktioniert, nur braucht es halt niemand! Verwandte Studiengänge kämen sicher in die engere Auswahl, sicherlich auch Wirtschaftsmathematik oder Mathematik/Informatik

Was bedeutet Ihnen persönlich die Mathematik?
Ich liebe Zahlen!
Mathematik ist so schön direkt, nur ein einziges Ergebnis ist richtig, alles andere ist falsch.

Haben Sie Zeit (und Lust), sich neben dem Beruf über (für Sie) neue und aktuelle Bereiche der Mathematik zu informieren?
Nein, ich habe zwei Kinder und einen Job in Vollbeschäftigung

Interessieren Sie sich für philosophische Fragen im Zusammenhang mit der Mathematik?
Nein

Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die Mathematik in der Öffentlichkeit häufig negativ bewertet wird?

1. Mathematik hat in der Schule immer polarisiert, entweder man liebte dieses Fach oder man hasste es.

2. Keiner weiß so genau, was ein Mathematiker eigentlich macht.

3. Keiner weiß so genau, wofür man Mathematiker eigentlich braucht.

4. Mathematiker sind weltfremde Weltverbesserer, die sich nicht mal anständig kleiden können und weitere 1.000 Nachkommastellen von errechnen, die auch wiederum keiner braucht.

Sobald man diese und ähnliche Gerüchte (oder teilweise Wahrheiten) aus der Welt geschafft hat, dann steigt auch das Ansehen der Mathematik. Und anfangen sollten dabei zuerst mal alle Mathematik-Lehrer in den Schulen!

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit zur Beantwortung unserer Fragen genommen haben!