Bei Primzahlzwillingen ist derzeit viel Bewegung in der Forschung. Doch wie sieht es eigentlich auf der anderen Seite der Skala aus: Wie groß können die Abstände zwischen zwei aufeinander folgenden Primzahlen werden?

Paul Erdős (1913-1996), einer der wichtigsten Kombinatoriker des 20. Jahrhunderts, schrieb in den 1930er Jahren (mit dem üblichen Augenzwinkern) einen Preis von 10.000 Dollar aus, für denjenigen, der in gewissem Sinne abschätzen kann, wie groß diese Abstände werden können. Dass Erdős den Preis so hoch dotierte, zeigt, wie schwierig er das Problem fand.

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Fotos: G.M.Ziegler

Wie es aussieht, können sich nun vier Mathematiker einen 10.000-Dollar-Scheck bei Erdős' mathematischem Nachlassverwalter Ron Graham abholen: Kevin Ford, Sergei Konyagin, der Fields-Medaillist Terence Tao und Ben Green haben angeblich einen Beweis dafür, dass Erdős Recht hatte. Wenn ihr Beweis sich als richtig herausstellt, dann haben sie Anspruch auf den höchst-dotierten Erdős-Preis, der je vergeben werden konnte.

Die Frage nach den großen Primzahlabständen war in den 1920er Jahren aufgetaucht. 1936 vermutete Harald Cramér (1893-1985), dass lim sup G(x)/ log2(x) = 1 gilt, wobei G(x) den größten Abstand bezeichnet, den zwei aufeinander folgende Primzahlen kleiner als x haben - der größte Abstand zwischen zwei Primzahl-Nachbarn solle also ungefähr wie die Logarithmusfunktion wachsen.
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Fotos: G.M.Ziegler

Doch das zu beweisen erwies sich als knifflig.

1935 - also ein Jahr vor Cramer - hatte Erdős einen eigenen Aufsatz zum Thema publiziert, unter dem Titel On the difference of consecutive primes. Hier bewies er folgende Schranke für die Primzahl-Abstände:

G(x) > c log(x) log(log(x)) / (log(log(log(x)))2

mit einer festen Konstante c > 0. Drei Jahre später legte Robert Rankin (1915-2001) dann noch etwas nach:


G(x) ≥ c_1 log(x) log(log(x)) log(log(log(log(x)))) / (log(log(log(x)))))2

mit c_1 = 1/3. In der Folge versuchte man am Wert von c_1 zu drehen; der Ausdruck mit den Logarithmusfunktionen stellt nur eine gemächlich gegen Unendlich wachsende Funktion dar. Lange war der größte Wert der 1997 von Janos Pintz gefundene 2eɣ ≅ 3,5621, wobei ɣ die Euler-Mascheroni-Konstante bezeichnet.

Nun kündigten auf dem ICM 2014 Ford, Green, Konyagin und Tao einen Beweis dafür an, dass für den Ausdruck

G(x) ≥ c_1(x) log(x) log(log(x)) log(log(log(log(x)))) / (log(log(log(x)))))3

c_1(x) für wachsendes x gegen unendlich strebt.
James Maynard, bekannt von seinen Arbeiten zu Primzahlen mit kleinen Abständen ("Es gibt unendlich viele Primzahlen mit Abstand 600 und weniger.") befasst sich offenkundig auch mit großen Abständen zwischen Primzahlen.

Auch er hat nun einen Beweis der Erdös-Vermutung im ArXiv veröffentlicht, und zwar in der originalen Erdös-Form, mit quadratischem Nenner.

G(x) ≥ c_1(x) log(x) log(log(x)) log(log(log(log(x)))) / (log(log(log(x)))))2

Der Preprint und weitere Informationen sind auf dem Blog von Terry Tao und im Arxiv.
 
Andreas Loos

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