Freitag, 28. September

Am letzten Tag des HLF eröffnete der Fields Medaillist von 2006 Wendelin Werner das Lecture-Programm mit seinem Vortrag zu Random Perturbations of Euclidean Geometry“ und übergab im Anschluss an Constantinos Daskalakis. Daskalakis bekam 2018 den Nevanlinna Prize.

HLF Werner         HLF Daskalakis

Weiter auf dem Plan standen am Nachmittag ein Plenum zu "Geder Roles & Career Routes for mathematicians and computer scientists" sowie Session zu dem Thema "Different perspectives". Für Interessierte wurden am Abend Touren durch Heidelberg angeboten. Als krönenden Abschluss fanden sich dann die Teilnehmer zum großen Dinner ein.

HLF Heidelberg

Donnerstag, 27. September

Der Donnerstag startete dann wieder mit hochkarätigen Vorträgen. Den Anfang machte David A. Patterson (links) mit dem Thema A New Golden Age for Computer Architecture“. Der US-Amerikaner bekam 2017 den Turing Award. Weiter ging es mit dem Turin Award Preiträger von 1980 Sir C. Antony R. Hoare (rechts) und seinem Vortrag Algebra, Logic, Geometry at the Foundation of Computer Science“.

HLF Picard         HLF Hoare

Nach einer kurzen Pause trat dann der Fields Medaillist von 1978 Gregory Margulis (links) mit On the Early History of Expanders“ und im Anschluss Joseph Sifakis (rechts), einer der Turing Award Gewinner 2007, mit dem Vortragsthema Autonomous Systems - A Rigorous Architectural Characterization“ ans Rednerpult.

HLF Margulis         HLF Sifakis

Ab dem Nachmittag standen dann "Poster Sessions", Diskussionsrunden sowie ein bayerischer Abend auf dem Programm der Besucherinnen und Besucher.

Mittwoch, 26. September

Am Vormittag des 3. Tages besuchten die Laureaten zunächst Schulen in Heidelberg und Umgebung und dann regionale Forschungseinrichtungen, etwa die der Helmholtz-Gemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft, aber auch Einrichtungen der Klaus Tschira Stiftung sowie lokale Unternehmen (SAP, SAS und NEC). Am Nachmittag traf sich dann die ganze Gesellschaft (Laureaten, Nachwuchswissenschaftler und Journalisten) auf einem Ausflugsschiff auf dem Neckar.

HLF boat         HLF falting

Dienstag, 25. September

Der Dienstag begann in Heidelberg um 9 Uhr mit der sogenannten „Lindau Lecture“: Klaus Tschiras Wunsch war, dass auf jedem Heidelberg Lauerte Forum (HLF) auch ein Vertreter des Lindauer Nobelpreisträgertreffens zu Wort kommen solle, das bei der Gründung des HLF Vorbild gewesen war. Umgekehrt hält jedes Jahr ein Vertreter oder eine Vertreterin aus der Mathematik oder der Informatik einen Vortrag auf dem Nobelpreisträgertreffen in Lindau. 

HLF Cool

Dieses Jahr hielt nun der Physik-Nobelpreisträger (1997) William D. Phillips den Festvortrag auf dem HLF. Vor vollen Bänken sprach er zum Thema „Time, Einstein and the Coolest Stuff in the Universe“ - und enttäuschte seine Zuhörer und Zuhörerinnen nicht: Virtuos hantierte er vor den staunenden Augen des Publikums mit flüssigem Stickstoff („the cooles stuff you have ever seen“) um dann zu konstatieren, dass der absolute Nullpunkt noch 77 Grad Kelvin tiefer liege. Mit dem Experiment wolle er demonstrieren, dass nur starkes Kühlen die Schwingung von Atomen bremsen könne - eine wichtige Voraussetzung für die sehr genaue Messung der Zeit in Atomzeituhren. Nur superkalte Atome mit Temperaturen von nur einem Billionstel Grad oberhalb des absoluten Nullpunkts erlaubten es, Vorhersagen von Einstein, wie er sie in seiner Speziellen Relativitätstheorie tätige, experimentell zu beweisen: Richtig spannend werde es, wenn man eines Tages Zeitdifferenzen messen könne, die in Atomuhren durch Gravitationskräfte (auch so schwache wie die von Gravitationswellen!) hervorgerufen würden. Davon sei man zwar heute noch weit entfernt, doch er und Kollegen hielten diesen Fortschritt bei der Zeitmessung bzw. Kryotechnik innerhalb weniger Jahrzehnte für machbar. Die dann möglichen Erkenntnisse seien dramatisch. Mit diesem Blick in die Zukunft entließ er sein Publikum in die Kaffeepause.

HLF fields            HLF touring

In dem dann anschließenden Vortrag „From Algebra to Geometry“ hielt der frisch gebackene Fieldmedaillist (2018) Caucher Birkar (linkes Bild) eine eher Grundlagen-orientierte Vorlesung über die Grundzüge der Algebraischen Geometrie. Ihm folgte der Vortrag von Silvio Micali (rechtes Bild), Turing award 2012, der über die Eigenschaft und Programmierung von Blockchains sprach, die zu sehr viel mehr nützlich seien, als "nur" für Kryptowährungen, für die sie in den letzten Jahren bekannt geworden waren. „Blockchain and distributed Ledgers“ war dann auch das Thema der ersten „Hot Topic Runde“ des Nachmittags, in der sieben Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung zu Wort kamen, moderiert von Eva Wolfangel, einer renommierten Wissenschaftsjournalistin („Science Writer of the Year 2018“), die die Diskussionsrunde auch initiiert und zusammengestellt hatte.

Montag, 24. September

Das wissenschaftliche Programm am Montag begann um 9 Uhr mit einem Vortrag (plenary lecture) des US-amerikanischen Informatikers John E. Hopcroft (Turing Award 1986).

Hopcroft startete seine Karriere mit der Entwicklung formaler Sprachen und Automatentheorie, d.h. dem theoretischen Studium von Computermodellen, eine frühe Grundlage der Informatik. Er wurde berühmt für sein Lehrbuch von 1968 “Formal Languages and Their Relation to Automata”, das er 1979 zunächst mit Jeffrey Ullman und später mit Rajeev Motwani in das Werk “Introduction to Automata Theory, Languages, and Computation” (dt. “Einführung in die Automatentheorie, formale Sprachen und Berechenbarkeit”) umarbeitete. Das Buch gilt auch heute noch als Standardwerk auf diesem Gebiet. Im Jahre 1970 erkannte er, dass die Informatik erweitert werden muss und entwickelte das Konzept der asymptotischen Analyse von Algorithmen, was zur Basis der Informatik von 1975 bis 1990 wurde. Derzeit forscht er auf dem Gebiet der Informationswissenschaft im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken und “Big Data”, hilft aber daneben auch einer Vielzahl von Ländern, ihre Bildungssysteme zu verbessern. » Mehr zu John E. Hopcroft

hlf18 monday lectures hlff 03John E. Hopcroft
Quelle: HLFF
hlf18 monday lectures hlff 02Michael Francis Atiyah
Quelle: HLFF

Anschließend sprach Sir Michael Francis Atiyah (Jahrgang 1929) vor vollem Saal. Der gebürtige Brite hatte 1966 die Fields-Medaille für seine Arbeiten in algebraischer Topologie, darunter den Beweis des "Indextheorems von Atiyah-Singer", bekommen, und im Jahre 2004 dann sogar noch den Abelpreis, den er sich allerdings mit Isadore M. Singer „für ihre Entdeckung und den Beweis des Index-Theorems“ teilen musste, das Topologie, Geometrie und Analysis verbindet, sowie für beider herausragende Rolle beim Brückenschlag zwischen Mathematik und theoretischer Physik. (Eine längere und gute Biographie von Atiyah befindet sich auf den HLF-Seiten.)

Nun wurde es richtig spannend, denn Michael Atiyah hatte in seinem Abstrakt für den Vortrag angekündigt, er werde einen Beweis für die Riemann’sche Vermutung präsentieren. Um es vorweg zu nehmen: So konkret wurde er dann doch nicht. Nach Ausführungen über zahlreiche vergebliche Beweisversuche der Vergangenheit (welche gleichwohl lehrreich seien!), wies er kurz auf Weg weisende Arbeiten von Hirzebruch zu Todd’schen Polynomen und Konstanten hin, die er weiter gedacht habe, was ihn schließlich zu einem Beweis geführt hätte. Letzteren blieb er aber schuldig. Auf Nachfrage erklärte er, eine Publikation sei in Vorbereitung. Eine (nicht repräsentative) Blitzumfrage in der Kaffeepause vor Ort ergab wohlwollende Skepsis: Man warte mit Spannung auf die Publikation, voher sei eine Bewertung nicht möglich.

Nach der Kaffeepause traten dann noch "Mr LaTeX“ Leslie Lamport und (anschließend) Michael Stonebraker ans Rednerpult der Aula im Neuen Universitätsgebäude. Leslie Lamport ist Informatiker und bekam 2013 die Turing-Medaille. In seinem Vortrag über die Anforderungen und Schwächen von Programmiersprachen verdutlichte er an praktischen Beispielen die ordnende Kraft der Mathematik beim Verständnis (und Erstellen) von Algorithmen. Er schloss seinen Vortrag mit den Worten : "Don't be brainwashed by programming language, free your mind with mathematics!"

hlf18 monday lectures hlff 01Leslie Lamport
Quelle: HLFF
hlf18 monday lectures hlff 06Michael Stonebraker
Quelle: HLFF

Michael Stonebraker, angekündigt als "The legend of databases", ist ein US-amerikanischer Informatiker, der sich auf Forschung und Entwicklung von Datenbanken spezialisiert hat, und vor drei Jahren den Turing-Preis bekam. Seine originelle Turing Award Lecture ist heute noch auf YouTube abrufbar (wie auch andere Vorträge von ihm). Stonebraker erläuerte in raschen Zügen die "drei Vs", die für Database Managementsyteme (DBMS) im Bereich Big Data bestimmend seien: Volume, Velocity und Variety, wobei  die große Varietät (Inhomogenität) der Daten(quellen) die größte Herausforderung  darstelle. Hier lägen die Probleme in Gegenwart und Zukunft, hier solle der Nachwuchs aktiv werden. (KI und Machine Learning seien zur Lösung diese Problems nicht hilfreich.)

Eröffnung

Am vergangenen Wochenende wurde das 6. Heidelberg Laureate Forum (HLF) eröffnet: Es begann mit der Vernissage zur Ausstellung "Women of Mathematics throughout Europe“, die DMV-Mitglieder bereits von der DMV-Jahrestagung 2017 in Salzburg her kennen. Tatsächlich tourt die Ausstellung seit wenigen Jahren durch Länder in Europa und außerhalb. In Heidelberg sagte am Samstag Frau Sylvie Paycha, Professorin für Mathematik an der Universität Potsdam und Initiatorin des Projekts, dass die bestehende Ausstellung aufgrund ihres großen Erfolges bereits in Duplikaten und auch auf Englisch existiere und in Zukunft weiter um Porträts von Mathematikerinnen ergänzt werden solle, auch solchen außerhalb Europas, und außerdem in weitere Sprachen übersetzt werden solle.

In Heidelberg wird die Ausstellung eine ganze Woche (parallel zum HLF) für alle Interessierten öffentlich zugänglich sein: im Senatssaal des Alten Universitätsgebäudes am Heidelberger Universitätsplatz, der Eintritt ist frei. Wörtlich sagte Frau Pascha bei der Ausstellungseröffnung: "Es handelt sich um ein wichtiges Thema, das im Moment diskutiert wird. Es ist wichtig, dass die Wissenschaft dieses Thema aufgreift. Deshalb gibt es die Ausstellung und wird es sie noch weiter geben.“ Schon beim HLF 2017 gab es eine Diskussionsrunde mit etablierten Mathematik-Professorinnen und Nachwuchsmathematikerinnen zu Karrierewegen und -chancen von Frauen in der Mathematik. Wir wollen an diesem spannenden und wichtigen Thema dranbleiben, resümierte Paycha.

HLF Opening             HLF Ziegler

Der offizielle Startschuss für das 6. HLF fiel dann im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung am Sonntag Nachmittag (23.09.). Kurzweilig und virtuos moderiert von DMV-Präsidiumsmitglied Günter M. Ziegler, begrüßten Frau Beate Spiegel, die Vorsitzende der HLF-Stiftung (HLFF), Prof. Andreas Reuter, der den wissenschaftlichen Moritz der HLFF inne hat, der Mathematiker Dr. Michael Meister in seiner Funktion als Parl. Staats. im BMBF. Rebecca Morsch, ebenfalls Staatssekretärin, berichtete über das nachhaltige Engagement des Norwegischen Ministeriums für Wissenschaft und höhere Bildung am Beispiel des Abel-Preises. Anschließend wünschte noch Prof. Eitel, Präsident der Uni Heidelberg, und Profes Würzner, der Oberbürgermeister Heidelbergs, der Tagung ein gutes Gelingen.

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