Durch die Verknüpfung der Aussagen A, B und C mit Hilfe des Bindeworts „und“ entsteht eine neue Aussage. Diese nennt man „Konjunktion“. Für die Konjunktion schreibt man kurz: (A und B und C). Berichte sind Konjunktionen, wobei das Wort „und“ oft weggelassen beziehungsweise durch andere Wörter ersetzt wird: auch, außerdem, bei, dabei, ebenso, mit, sowie, sowohl / als auch, überdies, vorausgesetzt, während, wobei, zudem, zugleich. Die Schnittmenge und die Restmenge werden mit Hilfe der Konjunktion beschrieben. Für alle gewöhnlichen Aussagen A, B und C gelten die Feststellungen (1) bis (5):
Konjunktion ist wahr.“ ist äquivalent mit „Jede der Komponenten (Aussagen) der
betreffenden Konjunktion ist wahr.“.
Komponenten (Aussagen) beliebig vertauschen.
(5) Wegen der Schlussregel „Aus (A und B) folgt A.“ gilt auch „Aus (A und B) folgt B.“. Das führt zu der heuristischen Regel: Je mehr voneinander unabhängige gehaltvolle Aussagen verknüpft werden, desto größer ist der logische Gehalt der betreffenden Konjunktion.
Wird ein bestimmter Gattungsbegriff durch eine zusätzliche Eigenschaft (Merkmal) eingeschränkt, so erhält man einen neuen Gattungsbegriff, welcher einen Spezialfall des ursprünglichen Gattungsbegriffs (Oberbegriff) darstellt. Oft sind mehrere Schritte in Richtung Spezialisierung möglich. Auf diese Weise erhält man eine Hierarchie von Gattungsbegriffen, beispielsweise bei den Vierecken in der euklidischen Geometrie.
Ein „Trapez“ ist ein Viereck,
welches mindestens ein Paar von parallelen Seiten besitzt.
Aus der Definition für das Trapez folgt das wahre universelle Gesetz:
Jedes Trapez ist ein Viereck.
Spezialisierung der 2. Stufe:
Ein „gleichschenkliges Trapez“ ist ein Trapez,
welches gleich lange Schenkel besitzt.
Aus der Definition für das gleichschenklige Trapez folgt das wahre universelle Gesetz:
Jedes gleichschenklige Trapez ist ein Trapez.
Spezialisierung der 3. Stufe:
Ein „Parallelogramm“ ist ein gleichschenkliges Trapez,
welches parallele Schenkel besitzt.
Aus der Definition für das Parallelogramm folgt das wahre universelle Gesetz:
Jedes Parallelogramm ist ein gleichschenkliges Trapez.
Spezialisierung der 4. Stufe:
Ein „Rechteck“ ist ein Parallelogramm,
welches gleich lange Diagonalen besitzt.
Aus der Definition für das Rechteck folgt das wahre universelle Gesetz:
Jedes Rechteck ist ein Parallelogramm.
Spezialisierung der 5. Stufe:
Ein „Quadrat“ ist ein Rechteck,
welches vier gleich lange Seiten besitzt.
Aus der Definition für das Quadrat folgt das wahre universelle Gesetz:
Jedes Quadrat ist ein Rechteck.
Der Hierarchie der Gattungsbegriffe entspricht eine allgemeine Kettenschluss-Struktur,
bei welcher die Abnahme des logischen Gehalts besonders auffällt.
Das Viereck ABCD ist ein Quadrat. =>
Das Viereck ABCD ist ein Rechteck. =>
Das Viereck ABCD ist ein Parallelogramm. =>
Das Viereck ABCD ist ein gleichschenkliges Trapez. =>
Das Viereck ABCD ist ein Trapez.
Bei einer Spezialisierung hat der neue Gattungsbegriff nicht nur die zusätzliche vorgeschriebene Eigenschaft, sondern noch andere zusätzliche Eigenschaften, auch spezifische Eigenschaften. A soll hier eine Aussage sein, welche eine bestimmte Sache einem bestimmten Gattungsbegriff zuschreibt. B soll hier eine Aussage sein, welche der betreffenden Sache eine bestimmte Eigenschaft zuschreibt, die zu einer Spezialisierung führt. Die Konjunktion (A undB) besitzt in diesem Fall einen überraschend großen logischen Gehalt. In diesem besonderen Fall ist der logische Gehalt der Konjunktion (A und B) wesentlich größer als die Vereinigungsmenge des logischen Gehalts von A und des logischen Gehalts von B. Also ist hier die Konjunktion „mehr als die Summe ihrer Teile“. Dieser Sonderfall der Konjunktion soll „Superkonjunktion“ genannt werden. Auch ein Kriterium ist eine Superkonjunktion, wenn dieses auf mehreren Eigenschaften beruht, zum Beispiel das Kriterium für die Kongruenz von Dreiecken nach dem Kongruenzsatz (sss).
E: Das Viereck ABCD ist ein Parallelogramm.
F: Im Viereck ABCD sind die beiden Diagonalen gleich lang.
Alle Implikationen von E und alle Implikationen von F sind auch Implikationen der Superkonjunktion (E und F). Die Vereinigungsmenge des logischen Gehalts von E und des logischen Gehalts von F enthält nur diese Implikationen. Aber der logische Gehalt der Superkonjunktion (E und F) ist viel größer. Er enthält zusätzlich die Aussage G „Das Viereck ABCD ist ein Rechteck.“. Das Rechteck ist ein Spezialfall des Parallelogramms. Die Aussage F beschreibt eine zusätzliche Eigenschaft des Rechtecks. Andere zusätzliche Eigenschaften des Rechtecks entsprechen Implikationen von G, welche weder im logischen Gehalt von E noch in demjenigen von F enthalten sind. Die Aussagen G1, G7 und G8 beschreiben spezifische Eigenschaften des Rechtecks.
G2: Für die Konstruktion des Vierecks ABCD genügt die Angabe von zwei Größen: zwei Seiten, eine Seite und die Diagonale, eine Seite und ein zusätzlicher Winkel, eine Diagonale und ein zusätzlicher Winkel, der Umfang und eine Seite
G3: Für die vollständige Berechnung des Vierecks ABCD genügt die Angabe von zwei
Größen wie bei G2 und außerdem: der Flächeninhalt und eine Seite, der Flächeninhalt und die Diagonale, der Flächeninhalt und ein zusätzlicher Winkel, der Umfang und die Diagonale, der Umfang und ein zusätzlicher Winkel
G4: Die Dreiecke ABC und ABD sind kongruent.
G5: Das Viereck ABCD besitzt einen Umkreis.
G6: Für die Diagonale e gilt die Formel: e2 = a2 + b2
G7: Für die Diagonale f gilt die Formel: f2 = a2 + b2
G8: Für den Flächeninhalt gilt die Formel: F = a * b
G9: Das Viereck ABCD besitzt mindestens zwei Symmetrie-Achsen.
Werden die Aussagen A, B und C durch das Bindewort „oder“ verknüpft, so nennt man die neue Aussage „Adjunktion“. Für die Adjunktion schreibt man kurz: (A oder B oder C). Aus der gewöhnlichen Aussage A folgt die Adjunktion (A oder B), wobei B eine beliebige gewöhnliche Aussage ist. Also enthält der logische Gehalt jeder gewöhnlichen Aussage unendlich viele Implikationen, nämlich unendlich viele Adjunktionen, die aber insgesamt extrem wenig zum logischen Gehalt beitragen. – Der logische Gehalt einer Adjunktion enthält hauptsächlich die gemeinsamen Implikationen aller Komponenten, wobei diese Implikationen keine Adjunktionen sind. Der Ausschluss einer Möglichkeit erhöht den logischen Gehalt der betreffenden Adjunktion. Für alle gewöhnlichen Aussagen A, B und C gelten die Feststellungen (1) bis (5):
[(A oder B) oder C] ist äquivalent mit [A oder (B ode C)].
(5) Aus [(A oder B oder C) ist wahr. und C ist unwahr.] folgt „(A oder B) ist wahr. “.
A: Maria Schmid hat im Jahr 2006 einen blauen Renault gefahren.
B: Maria Schmid hat im Jahr 2006 einen blauen Fiat gefahren.
C: Maria Schmid hat im Jahr 2006 einen blauen Opel gefahren.
Maria Schmid hat im Jahr 2006 ein blaues Auto gefahren.
Fünfte Anwendung der Logik in der Wissenschaft: In der Forschung ist es nützlich, einen vollständigen Überblick über die Möglichkeiten zu haben bezüglich einer bestimmten Situation. – Auch im Alltag ist ein vollständiger Überblick wichtig für die rationale Praxis, zum Beispiel bei einer Diagnose in der Medizin, bei der Aufklärung eines Kriminalfalls, bei einer Planungsaufgabe, bei der Fehlersuche in der Technik. Der vollständige Überblick ist die Grundlage für wichtige Fallunterscheidungen (Dihairese). Bleiben Möglichkeiten unberücksichtigt, so führt das meistens zu einem Trugschluss. Bei der Auflistung der Möglichkeiten gibt es drei Fälle:
(1) die Feststellung einer Kontravalenz (entweder Möglichkeit A oder Möglichkeit B oder Möglichkeit C): Eine der angegebenen Möglichkeiten ist gegeben und alle Möglichkeiten schließen sich gegenseitig aus. Daraus folgt, dass nur eine einzige Möglichkeit gegeben ist.
(2) Die Adjunktion (Möglichkeit A oder Möglichkeit B oder Möglichkeit C) ist wahr: Mindestens eine der angegebenen Möglichkeiten ist gegeben.
(3) Die Adjunktion ist unwahr: Keine der angegebenen Möglichkeiten ist gegeben. Daraus folgt, dass die Auflistung der Möglichkeiten unvollständig ist.
Bei den Fällen (1) und (2) weiß man ohne zusätzliche Informationen nicht, welche der Möglichkeiten jeweils gegeben sind und welche nicht. Jede Möglichkeit entspricht hier einer Vermutung. Wenn die Komponenten (Aussagen) – abgesehen von Adjunktionen – keine gemeinsamen Implikationen aufweisen, ist sowohl die Feststellung einer Kontravalenz als auch die Adjunktion eine schwache Aussage.
Bei einer bestimmten Waschmaschine, welche bisher einwandfrei funktioniert hat, bewegt sich im Waschbetrieb die Trommel nicht mehr. Daraus folgt, dass bei der betreffenden Waschmaschine entweder ein einziger Fehler aufgetreten ist oder dass mehrere Fehler aufgetreten sind.
B: Die betreffende Waschmaschine pumpt nicht ab, was die automatische Abschaltung des
Schleuderbetriebs zur Folge hat.
C: Beim elektrischen Anschluss des betreffenden Motors besteht ein Fehlkontakt.
D: Der betreffende Antriebsriemen für die Trommel ist gerissen.
E: Der betreffende Motor ist defekt.
F: Die betreffende Steuerplatine für die Waschprogramme ist defekt.
Waschmaschine angeschlossen. An den dafür vorgesehenen Messpunkten in der
Waschmaschine wird die Spannung gemessen. Eine Spannung von 220 Volt ist gegeben.) ist wahr.“ folgt „A ist unwahr.“.
(2) Aus „Die Konjunktion (Die Stromversorgung ist sichergestellt. Durch Einschalten des
Pumpvorgangs stellt man fest, dass die betreffende Waschmaschine abpumpt.) ist wahr.“ folgt „B ist unwahr.“.
(3) Aus „Die Konjunktion (Der betreffende Antriebsriemen für die Trommel wird kontrolliert. Er ist in Ordnung.) ist wahr.“ folgt „D ist unwahr.“.
(4) Aus „Die Konjunktion (Die Verkleidung der betreffenden Waschmaschine wird geöffnet. Der Elektrische Anschluss des Motors wird überprüft. Dabei wird an einer Steckverbindung ein Fehlkontakt festgestellt.) ist wahr.“ folgt „C ist wahr.“.
(5) Aus < Die Aussage „Nach der Beseitigung des betreffenden Fehlkontakts laufen alle
Waschprogramme bei einem Test ohne Funktionsstörung.“ ist wahr. > folgt „E ist unwahr. und F ist unwahr.“.
Die Adjunktion kommt bei der Vereinigungsmenge vor und bei der abstrakten Negation einer Konjunktion. Ist die Wahrheit einer bestimmten Adjunktion garantiert, so kann man die Wahrheit einer bestimmten Komponente (Aussage) mit Hilfe der Ausschluss-Methode herausfinden und nachweisen: Jede der verschiedenen Komponenten bis auf eine wird überprüft. Sind alle anderen Komponenten der Adjunktion nachweislich unwahr, so ist die letzte Komponente wahr. – Die Aussage „(A oder B oderC) ist unwahr.“ ist äquivalent mit der Konjunktion (A ist unwahr. und B ist unwahr. und C ist unwahr.). Die Aussage „(A und B und C) ist unwahr.“ ist äquivalent mit der Adjunktion (A ist unwahr. oder B ist unwahr. oderC ist unwahr.). Jeder Bericht ist eine Konjunktion. Eine einzige unwahre Aussage im Bericht entwertet diesen als Ganzes. Unwahre Aussagen sollten in einem Bericht identifiziert werden. Das unterstreicht die große Bedeutung der regulativen Idee der Wahrheit.
Im Gegensatz zur Adjunktion und zur Konjunktion darf man bei der Feststellung einer Kontravalenz keine beliebigen Aussagen miteinander verknüpfen. (entweder A oder A) ist eine absurde Aussage. Unter der Voraussetzung, dass A und B nicht äquivalent sind, ist (entweder A oder B) eine kontradiktorische Aussage, wenn es sich um zwei wahre Aussagen handelt, ebenso bei zwei unwahren Aussagen. Auch bei zwei Aussagen ohne inhaltlichen Zusammenhang kann die Kontravalenz nicht gegeben sein, ebenso bei zwei gewöhnlichen Aussagen, welche nicht voneinander unabhängig sind. Denn die Kontravalenz ist ein Spezialfall der Widerspruchsbeziehung, bei welchem die Wahrheit einer einzigen Komponente (Aussage) garantiert ist. Aus (entweder A oder B oder C) folgt, dass jede der Komponenten A, B und C jeweils die beiden anderen Komponenten ausschließt. Ist eine der Komponenten nachweislich wahr, so sind die anderen beiden Komponenten unwahr. Bei der Kontravalenz mit zwei Komponenten gibt es eine Zirkelschluss-Struktur. Die Komponenten sind nach dem Satz über den Zirkelschluss äquivalent:
[entweder (nicht A) oder (nicht B)] => Entweder A ist unwahr oder B. =>
Aus (entweder A oder B oder C) folgt, dass die Adjunktion (A oder B oder C) wahr ist. Deshalb kann man auch bei der Feststellung einer Kontravalenz die Ausschluss-Methode anwenden. Außerdem kann man (entweder A oder B oder C oder D) durch Ausschluss der unwahren Komponenten C und D auf (entweder A oder B) reduzieren, also auf die Feststellung einer Kontravalenz mit nur zwei Komponenten. Die nachstehenden Schlussfolgerungen (1) bis (5) sind gültig für alle gewöhnlichen Aussagen A, B, C und D:
(2) Aus [(entweder A oder B oder C oder D) und A ist unwahr.] folgt (entweder B oder C oder D).
(3) [(entweder A oder B oder C oder D) und A ist unwahr. und C ist unwahr. und D ist
unwahr.] folgt „B ist wahr.“ (die Ausschluss-Methode).
(4) [(entweder A oder B) und A ist wahr.] folgt „B ist unwahr.“.
(5) [(entweder A oder B) und A ist unwahr.] folgt „B ist wahr.“ (die Ausschluss-Methode).
Bei einer Quiz-Sendung im Fernsehen werden bezogen auf eine bestimmte Aufgabe vier Lösungen A, B, C und D angeboten. Nur eine davon darf genannt werden und nur eine davon wird als richtig anerkannt. Die angebotenen Lösungen schließen sich also gegenseitig aus. Mit Hilfe des Fünfzig-Fünfzig-Jokers, welcher die Lösungen A und D als falsch ausschließt, kann man (entweder A oder B oder C oder D) auf (entweder B oder C) reduzieren. Dadurch fallen eventuell Lösungsmöglichkeiten weg, wo man falsch geraten hätte. Weiß man, dass die Lösung B richtig ist, so ist die Lösung C falsch. Zusätzlich hilft die Ausschluss-Methode weiter: Kann man die Lösung C als falsch ausschließen, so ist die Lösung B richtig.