Prof. Dr. Friedrich Pukelsheim (im weißen Hemd) vom Institut für Mathematik der Universität Augsburg sagte: "Das Zweistimmen-System zur Wahl des Bundestags ist ein Spitzenprodukt und Exportschlager. Aber auch Spitzenprodukte bedürfen der Pflege. Am geltenden System irritiert das negative Stimmgewicht, in der je nach Situation die Wähler und Wählerinnen “rückwärts wählen”, weil sich die Zweitstimme für die Partei ihrer Wahl nachteilig auswirkt. Wollte man diesen Defekt möglichst systemnah heilen, bietet sich das direktmandatsbedingte Divisorverfahren mit Standardrundung (Augsburger Zuteilungsverfahren) an."

proffalterprofpukelsheim Prof. Dr. Jürgen W. Falter (links im Bild), Politikwissenschaftler an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, gab zu bedenken, dass unser Wahlsystem unter den ("neuen") Bedingungen eines Sechsparteien- bzw. Fünfkräftesystems (für den Wähler) nicht mehr in hinreichender Weise transparente Ergebnisse liefere: "So kam 2005 nicht die Regierungskoalition, die von einer relativen Mehrheit der Wähler präferiert wurde, an die Macht, sondern eine Koalition, die vor der Wahl nur von einer sehr geringen Zahl von Wählern wirklich gewünscht worden war. Die Wähler kaufen folglich unter den gegebenen Bedingungen mit ihrer Stimmabgabe potenziell die Katze im Sack. Art und politische Ausrichtung der Regierungsbildung können sie nur noch in Ausnahmefällen beeinflussen.

Streng genommen stellen Wahlen heute daher vor allem die Ermächtigung an die Parteien dar, Koalitionsverhandlungen mit offenem Ausgang zu führen. Das führt zu steigender Parteienverdrossenheit. Abhilfe kann eine Reform unseres Wahlsystems in Richtung stärker mehrheitsbildender Elemente schaffen. Da unter den gegebenen Bedingungen sowohl das britische als auch das romanische Mehrheitswahlsystem nicht mehrheitsfähig sein dürften, bietet sich als auch vom Bundesverfassungsgericht genannte Alternative das sogenannte Grabenwahlsystem an, das zwar keine Garantie klarer Mehrheiten bieten kann, aber immerhin die Chance erhöhen würde, dass entweder eine Partei allein oder eine im Vorhinein angekündigte „kleine“ Koalition die zur Regierungsbildung notwendigen Mandate erreicht."

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