Einstein soll mal gesagt haben: "Genie ist zu einem Prozent Inspiration und zu 99 Prozent Transpiration." Klingt schön, aber so richtig glaubt das niemand. Leider.

Gestern habe ich nach einer anregenden Bürodiskussion mit Alexander Schulte einige Thesen entwickelt, die ich hier zur Diskussion stellen will:

  • Der Geniekult stammt aus dem 18. und 19. Jahrhundert, aus einer Zeit also, in der Männer deutlich präsenter in der Wissenschaft waren als Frauen. Kein Wunder daher, dass Genies männlich sind. Die Verbindung Mann-Genie hält bis heute, man denke an Leonardo da Vinci, Goethe, Mozart oder Einstein. Nebenbei: Schon vom Wortstamm her ("gens") ist das Genie qua Geburt ein solches (was Einstein widerspricht).
  • Mathematik ist ein Fach, für das man in der öffentlichen Wahrnehmung besonders "genial" sein muss. In anderen Fächer ist das anders: Man denke an Biologie, Astronomie, Geschichte -- die haben eher das Fleiß-Image. Wie heißt der Andrew Wiles der Biologie?


Daraus ergeben sich unmittelbar einige Folgerungen:

  • Mathematik hat es besonders schwer, sich als Team-Game zu präsentieren. Mathe ist für Einzelkämpfer.
  • Für Mathematik muss man - weit verbreitetes Vorurteil - geboren sein. (Man denke an die Debatte über das Mathe-Gen.)
  • Mathematik ist (in der öffentlichen Wahrnehmung) "männlicher" als die Fächer mit dem Fleiß-Image.


Aus diesen Thesen kann man flott Ideen für die Öffentlichkeitsarbeit für Mathematik (und andere "Genie-Fächer") generieren:

  • Testimonial Lisa Sauermann, Motto: "Genie seit 1992".
  • Kampagnen: "Fleiß hilft!", "Genies sind von gestern"
  • Veranstaltungen wie das Heidelberg Laureate Forum oder Meldungen darüber, wer gerade Abelpreis oder Fieldsmedaille gewonnen hat, sind in diesem Sinne kontraproduktiv, weil sie den Geniekult fördern. Besser: Mathe-Wettbwerbe, in denen Teams gegeneinander antreten.

Was denken Sie?

Andreas Loos

Interessante Überlegungen, aber ich würde teilweise widersprechen:
Es geht hier ja weniger um die Mathematik als um die Mathematiker (bzw. MathematikerInnen): Und da ist der Weg aus der Vorurteilsfalle doch genau das Kennenlernen - und dafür ist eine Veranstaltung wie das "Heidelberg Laureate Forum" wunderbar. Und Wettbewerbe, auch Team-Wettbewerbe, betonen das auch sehr einseitige Aspekte, etwa das "Gegeneinander", den Zeitdruck, etc. - da kommt nie das "fröhlich, langsam, gemeinsam über Dinge Nachdenken, mal was Ausprobieren, etc.", was alles eben auch zum Mathematik-Machen gehört.

Günther Ziegler

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