Mathematiker der Freien Universität Berlin zeigen in einer neuen Studie, wie ebene Kachelungen – also Muster, die aus geometrischen Formen bestehen und eine Fläche lückenlos ohne Überlappungen bedecken – weit mehr sind als kunstvolle Ornamente. Sie dienen zugleich als präzise Werkzeuge zur Lösung komplexer mathematischer Probleme. Die Studie dazu mit dem Titel „Beauty in/of Mathematics: Tessellations and Their Formulas“ von Prof. Dr. Heinrich Begehr und dem Doktoranden Dajiang Wang wurde im renommierten Fachmagazin Applicable Analysis veröffentlicht. Sie verbindet Erkenntnisse aus der komplexen Analysis, der Theorie partieller Differentialgleichungen und geometrischer Funktionentheorie.

Im Mittelpunkt der Arbeit steht das sogenannte Parqueting-Reflection-Prinzip: Durch sukzessive Spiegelungen an geraden Linien und Kreisen entstehen hochsymmetrische Muster, wie man sie aus den kunstvollen Werken von M.C. Escher kennt. Sie dienen als Grundlage zur Lösung klassischer Randwertprobleme der Mathematik – etwa des Dirichlet- oder Neumann-Problems.
„Unsere Forschung zeigt, dass Schönheit in der Mathematik nicht nur durch Ästhetik auf die Sinne wirkt, sondern mit Effizienz und struktureller Tiefe verbunden ist“, erklärt der Mathematiker Prof. Dr. Heinrich Begehr. „Während sich bisherige Untersuchungen zu Kachelungen auf die Art von Pflasterungen der Ebene und des Raumes beziehen, an der sich auch der Nobelpreisträger Roger Penrose beteiligt hat, ermöglicht die Spiegel-Kachel-Methode, Darstellungen von Funktionen in den Gebieten der Kachelungen zu entwickeln, die für Anwendungen in mathematischer Physik und Technik brauchbar erscheinen.“
Es werden konkrete Formeln für Kernfunktionen – darunter Green-, Neumann- und Schwarz-Kerne – aus den geometrischen Spiegelungsmustern hergeleitet. Damit gelingt ein eleganter Brückenschlag zwischen geometrischer Intuition und analytischer Präzision.
Seit über einem Jahrzehnt hat die Methode viele Anwender gefunden, unter ihnen viele junge Wissenschaftler. An der Freien Universität Berlin sind einschließlich der Entstehungsphase der Methode 15 Dissertationen und Diplomarbeiten beteiligt, 7 Dissertationen sind im Ausland dazu gekommen.
Besonders bemerkenswert: Die Methode funktioniert nicht nur im euklidischen Raum, sondern auch in hyperbolischen Geometrien, wie sie in der theoretischen Physik oder modernen Visualisierungen der Raumzeit verwendet werden. Hierzu hatte Begehr bereits im vergangenen Jahr eine weitere Arbeit „Hyperbolic tessellation: Harmonic Green function for a Schweikart triangle in hyperbolic geometry“ in der Zeitschrift Complex Variables and Elliptic Equations veröffentlicht.

Bild PMPflasterung eines Kreises mithilfe des Schweikart-Dreiecks. Quelle: Heinrich Begehr


„Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse sowohl in der reinen Mathematik als auch in der mathematischen Physik Anklang finden – und vielleicht sogar in der Architektur oder Computergrafik inspirieren“, ergänzt Dajiang Wang.

 

Aus der Presseinformation der Freien Universität Berlin vom 10.10.2025. 

 

 

 

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