Die Gauß-Vorlesung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV) findet zweimal im Jahr an wechselnden Orten statt. Ziel dieser Vorlesungen ist es, der mathematisch interessierten Öffentlichkeit einen Einblick in Ergebnisse der modernen Mathematik zu geben.
Die Gauß-Vorlesung für Herbst 2017 wurde am 23. Oktober vor ungefähr 360 Zuhörern im nahezu vollbesetzten Neuhaussaal des Regensburger Theaters gehalten. Höhepunkt der Veranstaltung war ein Vortrag von Cédric Villani zum Thema "Dreiecke, Gase, Preise und Menschen", laut Villani die Geschichte der Begegnung von drei a priori nicht verwandten Gebieten: von nicht-euklidischer Geometrie, von kinetischer Gastheorie und von Wirtschaftswissenschaften. Es ging aber auch um die Menschen, die an diesen Theorien gearbeitet haben und von denjenigen, die heute an ihnen weiterarbeiten. Hinter diesen Gebieten stehen sehr tief liegende Konzepte: Entropie eines Gases, Ricci-Krümmung und optimaler Transport. Dennoch verstand es Villani, diese Ideen so zu erklären, dass auch ein Zuhörer mit wenigen Vorkenntnissen viel mit nach Hause nehmen konnte. Villani hat mit ähnlichen Vorträgen in Frankreich große Begeisterung hervorgerufen. Er verbindet somit die Exzellenz eines Fields-Medaillisten mit den Fähigkeiten eines großen Wissenschaftskommunikators.
Im ersten Teil der Gauß-Vorlesung begeisterte der Zauberer und gelernte Physiker Thomas Fraps das Publikum mit optischen Täuschungen, Seiltricks und einer Lösung des Zauberwürfels Rubik's Cube im Handumdrehen. Ebenfalls in die Gauß-Vorlesung integriert war die Verleihung des von Kaven-Preises an Manuel Amann aus Augsburg für Leistungen seiner Habilitation, die quaternionisch-Kähler-Mannigfaltigkeiten, Räume positiver Schnittkrümmung und rationale Homotopietheorie umfasst. In der Vorführung des Zauberers Fraps durften Manuel Amann und ein weiterer Gast in einem Kartenspiel gegen Fraps antreten. Ohne jeglichen Erfolg, wen wundert's! Ganz gegen die Traditionen der Zauberergilde, erklärte dann Fraps dem Publikum wie "Gilbreaths Prinzip" dazu führt, dass ein Zauberer das Spiel immer gewinnt.
Die Veranstaltung wurde von Bernd Ammann, Mathematiker an der Universität Regensburg, organisiert. Als er den Hauptsprecher der Gauß-Vorlesung, Cédric Villani, Anfang 2016 anfragte, konnte er nicht ahnen, dass Villani 2017 ein vielbeschäftigter Politiker sein würde. Villani trat im März 2017 als Direktkandidat der Partei "En Marche!" von Emmanuel Macron für das französische Parlament, die Assemblée Nationale, an und wurde im Juni mit großer Mehrheit als Direktkandidat gewählt. Hier bekam er bald wichtige Ämter. Insbesondere ist Villani Leiter einer Kommission des französischen Parlaments, die einen Plan zur Förderung künstlicher Intelligenz in Frankreich erarbeitet, auch natürlich im Hinblick auf potentielle Initiativen auf europäischer Ebene.
Auf Wunsch Villanis fand deswegen im Vorfeld der Gauß-Vorlesung eine Diskussion mit einer interdisziplinären Expertengruppe statt. Anwesend waren Vertreter von verschiedenen akademischen Einrichtungen, Uni-Kliniken und der Industrie. Diese Experten waren ausgewiesen in den Bereichen autonomes Fahren, medizinische Anwendungen, Robotik, künstliche Intelligenz im engeren Sinne und der Detektion von Gravitationswellen. Eine wichtige Rolle spielte hierbei die Frage, wie man erreicht, dass die zahlreichen motivierten guten Studenten in diesem Bereich attraktive Arbeitsmöglichkeiten in Europa finden, damit die europäischen Unternehmen in Zukunft in diesem Gebiet personell gut aufgestellt sind.
Alle Bilder unten sind Copyright von Raphael Zentner und Klaus Barbey. Die Organisatoren haben außerdem eine Webseite zur Gauß-Vorlesung. Die DMV führt eine Chronik der früheren Gauß-Vorlesungen.
Gastbeitrag von Bernd Ammann, Thilo Kuessner, Raphael Zentner (Fotos) und Klaus Barbey (Fotos)