Die norwegische Mathematikerin Elizabeth Stephansen wäre am 10. März dieses Jahres 150 Jahre alt geworden. Sie war die erste promovierte Frau in Norwegen.
Mary Ann Elizabeth Stephansen wurde am 10. März 1872 als ältestes Kind des Textilfabrikanten Anton Stephansen in Bergen in Norwegen geboren. Sie besuchte – als eines von zwei Mädchen – die Katedralskole, eine Jungenschule in ihrer Heimatstadt, die sie 1891 abschloss.
Obwohl es ihr aufgrund der liberalen Gesetzeslage in dem skandinavischen Königreich möglich war als Frau in Norwegen zu studieren, entschied sie sich nach der Schule für ein Mathematikstudium am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, der heutigen ETH. Am renommierten mathematischen Institut des Polytechnikums hörte sie Vorlesungen bei Hurwitz und Frobenius. Nach ihrem Magisterabschluss 1896 war sie einige Zeit als Gymnasiallehrerin in ihrer Heimatstadt Bergen tätig, ehe sie 1902, als erste Frau Norwegens, promoviert wurde. Da Frauen die Promotion am Polytechnikum untersagt war, erlangte Stephansen ihren Doktorgrad nicht an ihrer Alma Mater, sondern an der Universität Zürich, wo sie allerdings auch mit Restriktionen aufgrund ihres Geschlechtes zu kämpfen hatte.
In ihrer Dissertation mit dem Titel „Über partielle Differentialgleichungen vierter Ordnung, die ein intermediäres Integral besitzen“ beschäftigte sich Stephansen, aufbauend auf Arbeiten von Euler, d’Alembert und Lagrange, mit der Frage nach der Reduzierbarkeit partieller Differentialgleichungen. Ihr gelang es diejenigen partiellen Differentialgleichungen vierter Ordnung zu charakterisieren, die zu solchen dritter Ordnung reduziert werden können. Die Ordnung einer Differentialgleichung steht dabei für die höchste vorkommende Ableitung.
Nach ihrer Promotion ging Stephansen für ein Jahr nach Göttingen, dem damaligen Weltzentrum der Mathematik, wo sie Vorlesungen bei Hilbert, Klein und Zermelo besuchte.
Ab 1903 arbeitete Stephansen als Lehrerin an der Mädchenschule von Olaf Berg in Oslo. Sie setzte ihre mathematischen Forschungen fort und schrieb zwei weitere Arbeiten, diesmal über Differenzengleichungen, die 1905 und 1906 veröffentlicht wurden.
1906 wurde sie an die Norges Landbrukshoiskole (Norwegische Landwirtschaftsschule) berufen und arbeitete dort bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1937 als Dozentin für Mathematik. Für ihren Einsatz für norwegische Gefangene während der deutschen Besatzung Norwegens im zweiten Weltkrieg – sie war unter anderem als Dolmetscherin tätig – wurde ihr nach Kriegsende die Königsmedaille, eine Auszeichnung für zivile Verdienste in Norwegen, verliehen.
Sie starb 1961 in Espeland bei Bergen.