Vor drei Jahren bewies Maryna Viazovska in einer nur 22 Seiten langen Arbeit, dass das E
8-Gitter die dichteste Kugelpackung im R
8 realisiert, wenn man Kugeln von jeweils gleichen Radien um die Gitterpunkte legt. (Das Bild oben zeigt eine 3-dimensionale Projektion des E
8-Gitters.) Der Beweis benutzte eine gewisse aus Modulformen zusammengesetzte Funktion und war erheblich einfacher als der des entsprechenden 3-dimensionalen Problems, der 1998 bewiesenen und auf Johannes Kepler (1611) zurückgehenden
Vermutung über dichteste Kugelpackungen im dreidimensionalen Raum. Wenige Wochen später bewies Viazovska dann mit Cohn, Kumar, Miller, Radchenko und mit ähnlichen Methoden in einer 17 Seiten langen Arbeit, dass das Leech-Gitter die optimale Kugelpackung im R
24 liefert.
Für eine Funktion p und eine diskrete Punktmenge C betrachtet man ihre „Energie“
\(E:=\liminf_{r\to\infty} \frac{1}{\sharp C\cap B_r(0)}\Sigma_{x\not=y\in C\cap B_r(0)}p(\parallel x-y\parallel)\)
und sucht dann nach einer Punktmenge C, die diese Energie (unter allen Punktmengen derselben Dichte) minimiert. (Man braucht natürlich Voraussetzungen an p, damit die rechte Seite überhaupt konvergiert.)
Die Lösung des Kugelpackungsproblems kann man interpretieren als die Lösung dieses Energieminimierungsproblems für die Funktion p, die auf einer Kugel vom Radius r
0 den Wert 1 und außerhalb den Wert 0 annimmt.
Natürlich gibt es keine uniforme Lösung für völlig beliebige Funktionen p. Eine sehr allgemeine Klasse sind aber Funktionen der Form p(r):=g(r
2), wobei g die Eigenschaft haben soll, dass g nichtnegativ, die erste Ableitung nichtpositiv (also g monoton fallend), die zweite Ableitung nichtnegativ (also g konvex), die dritte Abeitung nichtpositiv, die vierte Ableitung nichtnegativ, usw., ist. Für solche Funktionen hatte Cohn und Kumar das Problem jedenfalls im R
1 gelöst: das ganzzahlige Gitter Z minimiert jede durch eine solche Funktion definierte Energie E. (Unter allen Gittern mit derselben Dichte 1. Durch Skalierung kann man das Problem für andere Dichten natürlich auf Dichte 1 zurückführen.)
Schon in Dimension 2 ist diese Frage offen. Man hat bisher keinen Beweis, dass das Sechseckgitter in der Ebene solche Energien minimiert. In Dimension 3 ist schon die Beschreibung der mutmaßlich optimalen Punktmengen ziemlich kompliziert.
Dagegen haben Cohn, Kumar, Miller, Radchenko und Viazovska in einer Arbeit
Universal optimality of the E8 and Leech lattices and interpolation formulas das Problem in Dimensionen 8 und 24 jetzt gelöst: das E
8-Gitter bzw. das Leech-Gitter minimieren unter den Punktmengen im R
8 bzw. R
24 jede auf obige Weise definierte Energiefunktion. Die Methoden lassen sich nicht auf andere Dimensionen verallgemeinern und viele Mathematiker scheinen zu glauben, dass es in anderen Dimensionen als 8 und 24 keine so eleganten Lösungen geben wird.
Trotzdem scheinen Mathematiker in dieser Arbeit einen epochalen Durchbruch zu sehen, ein
Artikel im Quanta Magazine zitiert bekannte Wissenschaftler wie
Sylvia Serfaty und
Richard Schwartz mit sehr enthusiastischen Beschreibungen der Bedeutung dieser neuen Resultate.
Der Beweis beruht wie schon bei den Kugelpackungen darauf, Funktionen mit sehr speziellen Eigenschaften zu finden. Der Beweis benutzt wieder Kombinationen quasimodularer Formen in Schritten, die die bei den Kugelpackungen verwendeten als ersten Schritt enthalten, und laut Autoren eine viel konzeptuellere Theorie liefern als der ursprüngliche Beweis für Kugelpackungen.