Während ein Verfahren zur numerischen Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen schon von Leonhard Euler in seinem 1768 erschienenen Buch Institutiones Calculi Integralis vorgestellt wurde, beginnt die numerische Behandlung partieller Differentialgleichungen erst im 20. Jahrhundert. Der Meteorologe Lewis Richardson schlug in seinem 1922 erschienen Buch Weather Prediction by Numerical Process (das in der ersten, 1916 vollendeten Fassung noch Weather Prediction by Arithmetical Finite Differences hieß) eine numerische Wettervorhersage vorgeschlagen. 64000 Rechner sollten ausreichen, das weltweite Wetter schnell genug für eine tägliche Meldung zu berechnen. Für seine numerische Wettervorhersage überzog er die Weltkarte mit einem Schachbrettmuster, wobei die Felder eine Seitenlänge von etwa 200 Kilometer hatten. Die Atmosphäre oberhalb jedes dieser Felder unterteilte er weiter in Schichten mit Grenzen in 2000, 4200, 7200 und 11800 Metern Höhe. Beinahe die Hälfte seines Buches besteht dann aus einer Diskussion der notwendigen physikalischen Gleichungen, um möglichst alle physikalischen Vorgänge, die sich zwischen diesen Zellen abspielen, zu berücksichtigen. Als Finite-Differenzen-Methode bezeichnet man Verfahren, wo an endlich vielen, äquidistanten Gitterpunkten die Ableitungen durch Differenzenquotienten ersetzt werden. Im Fall gewöhnlicher Differentialgleichungen erhält man durch gleichmäßige Diskretisierung das Eulersche Polygonzugverfahren. Ersetzt man bei den klassischen linearen Differentialgleichungsproblemen der mathematischen Physik die Differentialquotienten durch Differenzenquotienten in einem rechtwinkligen Gitter, so gelangt man zu algebraischen Problemen von sehr einfacher Struktur. Courant, Lewy und Friedrichs hatten in einer 1928 in Mathematische Annalen veröffentlichten Arbeit “Über die partiellen Differenzengleichungen der mathematischen Physik” nichtlineare solche Gleichungen betrachtet und für einige typische Beispiele bewiesen, dass die Lösungen der Differenzengleichung gegen die Lösung der entsprechenden Differentialgleichung konvergieren. Damit erhielten sie insbesondere einfache Beweise für die Lösbarkeit der Differentialgleichungen, die zwar in den meisten Beispielen schon bekannt war, aber mit uneinheitlichen und nicht verallgemeinerungsfähigen Methoden bewiesen. Courant und seinen Koautoren ging es dabei also weniger um die praktische Anwendung numerischer Verfahren gegangen als um Beweise für die Existenz von Lösungen. Die Fehleranalyse für Differenzenschemata elliptischer Gleichungen begann erst 1930 mit Gerschgorin. Konkret bewiesen Courant-Friedrichs-Lewy, dass bei elliptischen Gleichungen einfache und weitgehend von der Wahl des Gitters unabhängige Konvergenzverhältnisse herrschen. Dagegen erhielten sie für hyperbolische Gleichungen (Wellengleichungen) Konvergenz gegen die korrekte Lösung nur dann, wenn die Verhältnisse der Gittermaschen in verschiedenen Richtungen gewissen Ungleichungen genügen, die von der Lage der Charakteristiken zum Gitter bestimmt werden. Sie zeigten, dass Konvergenz der Differenzenschemata aus Stabilität folgt und dass die Stabilität der Lösungen (d.h. die Unempfindlichkeit gegenüber kleinen Störungen der Daten) von einer später als Courant-Friedrichs-Lewy-Zahl bezeichneten Größe abhängt. Im eindimensionalen Fall ist das \(c:=\frac{u\Delta t}{\Delta x}\), wobei u die Geschwindigkeit der Welle ist und die beiden anderen Größen der diskrete Ortsschritt und der diskrete Zeitschritt sind. In diesem Fall gilt Stabilität des Eulerschen Polygonzugverfahrens genau dann, wenn c<1. Ähnliche Bedingungen erhielten sie auch für andere Diskretisierungsschemata. Stabilität eines Verfahrens bedeutet, dass die im Verfahren verwendeten Operatoren gleichmäßig beschränkt sein sollen. Fundamental bei der Analyse der Finite-Differenzen-Methode für die numerische Lösung von partiellen Differenzialgleichungen wurde ein 1956 von Peter Lax (und in zahlreichen Spezialfällen schon frûher) bewiesener Äquivalenzsatz, demzufolge für ein korrekt gestelltes lineares Anfangswertproblem eine konsistente Methode genau dann konvergent ist, wenn sie stabil ist. Konsistenz heißt, dass der Algorithmus bei exakten Eingaben auch das exakte Ergebnis liefern würde. Konsistenz und Stabilität sind in der Regel viel einfacher zu überprüfen als Konvergenz. Lax arbeitete später über die Euler-Gleichungen der Gasdynamik. Deren numerische Lösung ist sehr schwierig, weil selbst bei glatten Anfangsdaten intrinisische Diskontinuitäten auftreten. Außerdem war die Existenz von Lösungen damals noch nicht bewiesen. "Nur weil wir nicht beweisen können, dass kompressible Flüsse mit vorgeschriebenen Anfangswerten existieren, bedeutet das nicht, dass wir sie nicht berechnen können" meinte er. Schließlich existieren sie ja physikalisch. Das von Lax und Friedrichs Ende der 40er Jahre entwickelte Differenzenschema wurde unverzichtbar und ein Meilenstein in der Behandlung hyperbolischer Erhaltungsgleichungen. Spektakuläre Entwicklungen gab es auf der anderen Seite des Globus für die Navier-Stokes-Gleichungen der Hydrodynamik, also für die Strömung von linear-viskosen Flüssigkeiten und Gasen. In Leningrad arbeitete Olga Ladyzhenskaya über die Analysis und Numerik dieser Gleichungen. Sie lebte mit ihrer Mutter in einer mit Büchern, Möbeln und Kunst vollgepackten Wohnung, den Überresten einer Vergangenheit, in der die Familie einmal reich gewesen war. Ihr Vater war bei den Säuberungen der 30er Jahre ums Leben gekommen und ihre eigene Laufbahn war wegen des familiären Hintergrunds immer wieder behindert worden. Ihre Mutter führte ihr den Haushalt, so dass sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren konnte. 1949 hatte sie über Finite-Differenzen-Verfahren für lineare und quasilineare hyperbolische Systeme partieller Differentialgleichungen promoviert und in den Jahren danach die Finite-Differenzen-Methode benutzt, um theoretische Existenzsätze für hyperbolische Gleichungen zu beweisen. 1959 bewies sie die globale eindeutige Lösbarkeit und die Glattheit der Lösungen für die Navier-Stokes-Gleichungen auf dem R2 und dem 2-dimensionalen Torus, und auch für die schwierigeren Euler-Gleichungen. (Dieselbe Frage für die 3-dimensionalen Navier-Stokes-Gleichungen, die ein mathematisches Modell der Strömung von linear-viskosen newtonschen Flüssigkeiten und Gasen sind, ist bis heute offen.) Der entscheidende Durchbruch für den Existenzbeweis war die Ungleichung \(\Vert u\Vert_4^2\le C \Vert\nabla u\Vert_2^2 \Vert u\Vert_2^2\) für die L4-Norm glatter Funktionen mit kompaktem Träger. 1961 schrieb sie dann ein Buch "Die mathematische Theorie viskoser inkompressibler Flüsse", das sehr einflußreich wurde.   In Schweden wiederum hatte Hörmander mit seiner Dissertation eine allgemeine Theorie partieller Differentialgleichungen begründet mit sehr allgemeinen lokalen Existenzsätzen ohne Voraussetzungen an die Analytizität der Koeffizienten. (Hadamard hatte immer emphatisch betont, dass man nicht nur analytische Lösungen und Startwerte berücksichtigen sollte, weshalb die Arbeiten Kowalewskajas aus dem vorigen Jahrhundert nur von begrenztem Nutzen seien.) Aus der Sobolew-Theorie weiß man, dass genau dann alle Lösungen analytisch sind, wenn der Operator elliptisch ist, also das charakteristische Polynom keine reellen Nullstellen hat. Hörmander beantwortete in seiner Dissertation als Nebenprodukt seiner Untersuchungen eine Frage von Schwarz: damit alle Lösungen unendlich oft differenzierbar sind, genügt es dass für z gegen Unendlich mit beschränktem Imaginärteil das charakteristische Polynom gegen Unendlich geht. Solche Operatoren nennt man hypoelliptisch, weil sie die elliptischen (für die alle Lösungen analytisch sind) umfassen. Diese Charakterisierung kam völlig unerwartet, sein Beweis war eine technische Tour de Force und er benötigte detaillierte Kenntnisse der reellen algebraischen Geometrie. In einer anderen Arbeit fand Hörmander eine geometrische Erklärung für ein 1957 von Lewy gefundenes Beispiel lokaler Unlösbarkeit, nämlich eine Bedingung an das "Symbol" (das charakteristische Polynom), welche lokale Lösbarkeit zerstört. (Lewys Beispiel hatte gezeigt, dass der Satz von Malgrange-Ehrenpreis über die Existenz einer Lösung bei konstanten Koeffizienten nicht auf Polynome als Koeffizienten ausgedehnt werden kann.) Ladyzhenskaya hatte neben oder eher als Teil ihrer theoretischen Arbeiten schon seit Beginn der 50er Jahre auch an der Entwicklung von Differenzenschemata für verschiedene hyperbolische Gleichungen gearbeitet. Ihr Existenzbeweis für Lösungen der 2-dimensionalen Navier-Stokes-Gleichungen von 1959 beruhte aber auf den Methoden der Funktionalanalysis, dem Rieszschen Darstellungssatz und dem Fixpunktsatz von Leray und Schauder (zunächst zur Konstruktion schwacher Lösungen, deren Regularität dann mit Methoden von Golovkin und Solonnikov bewiesen wird). In der zweiten Hälfte der 60er Jahre entwickelte sie dann eine Reihe von Differenzenschemata für die 2- und 3-dimensionalen Navier-Stokes-Gleichungen. In der Arbeit “Устойчивые разностные схемы для уравнений Навье–Стокса” in Зап. научн. сем. ЛОМИ gelang es ihr 1969 erstmals, die Konvergenz solcher Schemata für Navier-Stokes-Gleichungen rigoros zu beweisen. Bei allen diesen Schemata gab sie den Beweisweg zum Nachweis der starken Konvergenz der Schemata in der Norm an, mit Einschluß der ersten Ableitungen, wodurch sie auch eine Methode zur Gewinnung von Abschätzungen der Konvergenzgeschwindigkeit erhielt. Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/36/Ladyshenskaya.jpg

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