Vom 21. bis zum 25. Juni 2021 findet der 8th European Congress of Mathematics (8ECM) statt. Der ECM wird nur alle vier Jahre veranstaltet und ist das zweitgrößte mathematische Event der Welt. Ursprünglich war die 8. Auflage des ECM für den Juli 2020 geplant, musste dann jedoch pandemiebedingt verschoben werden. Gastgeberin ist dieses Mal Portorož in Slovenien, wobei der Kongress als Hybridveranstaltung durchgeführt wird. Die meisten Gäste und Vortragenden werden aber wohl digital teilnehmen, alle Veranstaltungen werden per Videokonferenz übertragen. Das vollständige Programm ist hier zu finden. Der ECM bietet sowohl Vorträge zu Themen von Interesse für die Allgemeinheit der mathematischen Community, u.a. in Form von Plenarvorträgen und Vorträgen von Invited Speakers, als auch Minisymposien für spezialisierte Fachpublika. Auch das DMV-Medienbüro nimmt (digital) am Kongress teil und berichtet hier über einige besondere Highlights. Ein Teil der Vorträge ist auf dem YouTube-Kanal der DMV nachzuhören, Playlist "8ECM 2020".

8ECM Poster

Montag, 21. Juni 2021

Als besondere Highlights des heutigen Tages darf man sich auf die Plenarvorträge von Alfio Quarteroni ("The Beat of Math", 10:30) und Umberto Zannier ("Torsion in algebraic groups and problems which arise", 12:00) freuen. Zudem werden ab 14:00 diverse Invited Speakers vortragen, bevor dann um 16:00 die ersten Minisymposien beginnen.

9:00 Uhr - Beginn der Eröffnungszeremonie
Grußworte u.a. des slowenischen Präsidenten und des Präsidenten der European Mathematical Society (EMS), Volker Mehrmann.
Schweigeminute für den 2020 verstorbenen Fields-Medaillen-Preisträger Sir Vaughan Jones, der bereits seine Teilnahme als Plenarvortragender beim 8ECM zugesagt hatte.
Vorstellung der Preisträger*innen der zehn EMS-Preise, die an junge Mathematiker*innen unter 35 Jahren verliehen werden. Alle Preisträger*innen werden beim 8ECM am Dienstag bzw. am Mittwoch jeweils um 14:50 Vorträge über ihre jeweiligen Arbeiten halten.
Vorstellung des Felix Klein Preisträgers Arnulf Jentzen (Vortrag am Freitag, 14:50: "Overcoming the curse of dimensionality: from nonlinear Monte Carlo to deep learning"), sowie der Otto Neugebauer Preisträgerin Karine Chemla (Vortrag am Donnerstag, 14:50: "On how mathematicians’ historical and philosophical reflections have been essential to the advancement of mathematics: A historical perspective").

10:30 Uhr - Plenarvortrag von Alfio Quarteroni: "The Beat of Math"
Quarteroni stellt verschiedene Ansätze vor, das menschliche Herz mathematisch zu modellieren. Diese Modelle können helfen, Fehlfunktionen des Herzens zu erkennen und zu behandeln/operieren und somit Herzinfarkte zu vermeiden und Leben zu retten.

Alfio quarteroniAlfio Quarteroni,
Foto: Alfio Quarteroni, Lizenz: CC BY-SA 4.0

12:00 Uhr - Plenarvortrag von Umberto Zannier: "Torsion in algebraic groups and problems which arise"

Umberto ZannierUmberto Zannier,
Foto: Tatjana Ruf, Lizenz: Oberwolfach Photo Collection / CC BY-SA 2.0 DE

13:00 Uhr - Mittagspause

14:00 Uhr - Plenarvorträge von Invited Speakers
Beispielsweise mit einem inspirierenden Vortrag von Stuart White über die "Struktur und Klassifizierung einfacher mittelbarer C*-Algebren", der auch für die Anfänger:in auf dem Gebiet der Operatoralgebren einen gut zugänglichen Überblick bietet. White erzählt die spannende Geschichte des "Elliot Programms", in dem Mathematiker*innen auf der ganzen Welt ein Vierteljahrhundert lang der Frage nachgingen, welches die größtmögliche Klasse von C*-Algebren ist, die mithilfe von Operator-K-Theorie und Spuren klassifiziert werden kann.

16:00 Uhr - Minisymposien
Einige Gruppen, die an Minisymposien teilnehmen, werden bis zum späten Abend zusammenbleiben, diskutieren und Aufgaben lösen.

 

Dienstag, 22. Juni 2021

Neben den Plenarvorträgen von Monika Ludwig und János Pach sowie Vorträgen von Invited Speakers und diverser Minisymposien darf man sich heute besonders auf die erste Vortragsrunde der EMS-Preisträger*innen um 14:50 Uhr freuen. Am Abend gibt es eine Diskussionsrunde zu "Gender Balance" in der Mathematik.

9:00 Uhr - Plenarvortrag von Monika Ludwig: "Geometric Valuation Theory"
Ludwig gibt einen Überblick über Bewertungen und die wichtigen Charakterisierungssätze von Blaschke und Hadwinger und einen Ausblick auf die Erweiterung solcher Resultate auf Funktionenräume. Bewertungen spielten eine wichtige Rolle bei Dehns Lösung von Hilberts drittem Problem.

Monika LudwigMonika Ludwig,
Foto: Tatjana Ruf, Lizenz: Oberwolfach Photo Collection / CC BY-SA 2.0 DE

10:20 Uhr  - Plenarvortrag von János Pach: "Escaping the curse of dimensionality in combinatorics"
Der "Fluch der Dimensionalität" bezieht sich auf das Phänomen, dass das Volumen von Raumabschnitten bei Größerwerden der Dimension stark ansteigt. Das beeinflusst viele mathematische Anwendungen, so dass man sich in vielen Disziplinen damit beschäftigt, wie man diese Problematik umgehen oder lösen kann. Pach bespricht bestimmte (kombinatorische) Strukturen, die diesen "Fluch der Dimensionalität" vermeiden können.

Janos PachJános Pach,
Foto: David Eppstein, Lizenz: CC BY-SA 3.0

11:30 Uhr - Minisymposien
U.a. mit einem Vortrag der DMV-Präsidentin Ilka Agricola: "Geometry of 3-(α,δ)-Sasaki manifolds and submersions over quaternionic Kähler spaces"

13:30 Uhr - Mittagspause

14:00 Uhr - Plenarvorträge von Invited Speakers
Albert Cohen: "From linear to nonlinear n-width : optimality in reduced modelling"
Aleksey Kostenko: "Laplacians on infinite graphs"
Daniel Kressner: "Fast algorithms from low-rank updates"
Daniela Kühn: "A proof of the Erdős-Faber-Lovász conjecture"

14:50 Uhr - Erste Vortragsrunde der EMS-Preisträger*innen
Karim Adiprasito: "Lefschetz beyond positivity and its implications"
Ana Caraiani: "Reciprocity laws for torsion classes"
Alexander Efimov: "Smooth compactifications of differential graded categories"
Kaisa Matomäki: "On primes, almost primes and the Möbius function in short intervals"
Joaquim Serra: "From branching singularities of minimal surfaces to non-smoothness points on an ice-water interface"

16:00 Uhr - Minisymposien

19:00 Uhr - Weitere Plenarvorträge von Invited Speakers, sowie Ausstellungseröffnung "Women in Mathematics throughout Europe"
Die Wanderausstellung "Women in Mathematics throughout Europe. A Gallery of Portraits" wurde von Sylvie Paycha and Noel Tovia Matoff editiert und kann von den Konferenzteilnehmer*innen auch virtuell angesehen werden. Drei der porträtierten Mathematikerinnen werden bei der Ausstellungseröffnung dabei sein: Ragni Piene (Norwegen), Dusanka Perisic (Serbien) and Betül Tanbay (Türkei).

20:00 Uhr - Diskussionsrunde zu "Gender Balance"

21:00 Uhr - Abschluss des Tages mit einem Vortrag von Bojan Mohar: "Crossing Numbers: From Art and Circuit Design to Knots and Number Theory"

 

Mittwoch, 23. Juni 2021

9:00 Uhr - Der Tag beginnt mit einem Plenarvortrag von Franc Forstnerič: "Minimal surfaces from a complex analytic viewpoint"
Minimalflächen im 3-dimensionalen euklidischen Raum sind glatte Flächen, deren Flächeninhalt lokal minimal ist. Dieses Phänomen kann auch durch das Verschwinden der mittleren Krümmung ausgedrückt werden, was genau dann der Fall ist,  wenn die eine Hauptkrümmung das Negative der anderen Hauptkrümmung ist. Forstnerič stellt neue Ergebnisse, die auf dem Forschungsgebiet der Minimalflächen mithilfe von Funktionentheorie gewonnen werden konnten, vor.

10:20 Uhr - Plenarvortrag von Gitta Kutyniok: "The Mathematics of Deep Learning"
"Deep Learning" ist mittlerweile durch große Erfolge in verschiedenen Anwendungen in aller Munde. Doch das mathematische Fundament dieser Methoden ist noch nicht ausgereift. Kutyniok stellt kürzliche Fortschritte auf diesem Gebiet sowie neue Techniken zum Lösen inverser Probleme und Partieller Differentialgleichungen mithilfe von "Deep Learning"-Methoden vor.

Gitta KutyniokGitta Kutyniok,
Foto: Tatjana Ruf, Lizenz: Oberwolfach Photo Collection / CC BY-SA 2.0 DE

11:30 Uhr - Minisymposien
Heute u.a. auch mit Minisymposien zu den Gebieten "Mathematics in Education" und "Mathematics in the Digital Age of Science".

13:30 Uhr - Mittagspause

14:00 Uhr - Plenarvorträge von Invited Speakers
Marius Crainic: "An invitation to Poisson Geometry"
Mirjam Dür: "Tackling discrete optimization problems by continuous methods"
Emmanuel Kowalski: "Exponential sums over finite fields"
László Székelyhidi Jr.: "Convex integration and synthetic turbulence"

14:50 Uhr - Zweite Vortragsrunde der EMS-Preisträger*innen
Simion Filip: "Discrete monodromy groups and Hodge theory"
Alexandr Logunov: "Zero sets of Laplace eigenfunctions"
Phan Thanh Nam: "Excitation spectrum of dilute trapped Bose gases"
Jack Thorne: "Elliptic curves and modularity"
Maryna Viazovska: "The magic of dimensions 8 and 24"

16:00 Uhr - Public Lecture von Stanislav Smirnov: "Mathematics: art or science?"
Der Fields-Medaillen-Preisträger von 2010 bespricht die Frage, warum Mathematik betrieben wird und welches die Quellen mathematischer Fragestellungen und Ideen sind. Er beginnt mit interessanten historischen Beispielen dafür, dass bereits vor tausenden Jahren durchaus fortgeschrittene Mathematik betrieben wurde, und nennt Hinweise dafür, dass dabei die treibende Kraft sowohl alltägliche oder physikalische Fragestellungen als auch Neugierde gewesen sein muss. Er bleibt bei der wichtigen Wechselbeziehung von Neugierde und Problemen, die sich aus Naturphänomenen ergeben, und bespricht Fragestellungen aus seiner eigenen Forschung.
Ein Beispiel ist der Random Walk auf einem Gitter. Hierbei stellen sich insbesondere die beiden Fragen, wie viele unterschiedliche Pfade es bei einem Random Walk (bei einer festen Schrittanzahl) geben kann und wie weit sich der Random Walk dabei von seinem Ausgangspunkt fortbewegt. Falls der Random Walk wieder auf sich selbst treffen und Wegabschnitte mehrfach zurücklegen darf, sind diese Fragen einfach zu klären. Falls er jedoch selbst-vermeidend sein soll, sind die Antworten viel komplizierter. Smirnov stellt dazu eigene Forschungsbeiträge vor.
Als ein weiteres Beispiel bespricht er zelluläre Automaten und das "Spiel des Lebens" des Mathematikers John Conway. Beim "Spiel des Lebens" wird der Zustand eines Zellgitters, bei dem jede Zelle entweder "tot" oder "lebendig" sein kann, aus dem vorherigen Zustand des Gitters nach sehr einfachen Regeln abgeleitet. Das Faszinierende daran ist, dass sich so sehr komplexe Zustände und sogar eine Turing-Maschine erzeugen lassen.

Stanislav SmirnovStanislav Smirnov,
Foto: Renate Schmid, Lizenz: Oberwolfach Photo Collection / CC BY-SA 2.0 DE

Ein Zitat Smirnovs aus seinem Vortrag über die Frage nach Schönheit in der Mathematik: "One thing that makes mathematics beautiful is that it brings together seemingly unrelated things."

Während Smirnovs Vortrag laufen die Minisymposien weiter.

19:00 Uhr - Abelvorlesung von László Lovász: "Graph limits and Markov spaces"
Der Abelpreisträger 2021 Lovász gibt eine Einführung in die Forschung zu "Grenzobjekten" von Graphen. Er beginnt damit zu erklären, dass das heuristische Konzept eines Grenzobjekts ist, etwas über die späten Objekte einer Folge von mathematischen Objekten zu verraten, bei denen die Objekte einander immer ähnlicher werden, je weiter man in der Folge voranschreitet. Dabei ist insbesondere zu klären, was Ähnlichkeit der jeweilig betrachteten Objekte - in diesem Fall von Graphen - bedeutet. Man kann beispielsweise die Adjazenzmatrix eines Graphen als das Einheitsquadrat darstellen, bei dem man anstelle von Einsen und Nullen (je nachdem, ob die entsprechenden beiden Knoten mit einer Kante verbunden sind oder nicht) schwarze und weiße Kästchen einträgt. Eine Folge von Graphen kann nun als konvergent bezeichnet, wenn die zugehörige Folge der Adjazenzmatrizen (in dieser Darstellung mit schwarzen und weißen Kästchen) gegen einen "Graphon" konvergiert. Ein Graphon ist eine (messbare) Einfärbung des Einheitsquadrats in Graustufen. Beispielsweise konvergieren die Zufallsgraphen von Erdős–Rényi (mit Wahrscheinlichkeit 1/2, dass jeweils zwei Knoten mit einer Kante verbunden sind) gegen den Graphon, der durch das gleichmäßig grau eingefärbte Einheitsquadrat dargestellt wird.

Laszlo LovaszLászlo Lovász,
Lizenz: CC BY-SA 2.0 fr

 

Donnerstag, 24. Juni 2021

 9:00 Uhr - Plenarvortrag von Peter Bühlmann: "Statistical Learning: Causal-oriented and Robust"
Bühlmann bespricht, wie statistische Kausalität zu mehr Verlässlichkeit, Robustheit und Interpretierbarkeit von Maschinellem Lernen beiträgt.

Peter BühlmannPeter Bühlmann,
Foto: Renate Schmid, Lizenz: Oberwolfach Photo Collection / CC BY-SA 2.0 DE

10:20 Uhr - Plenarvortrag von Xavier Cabré: "Stable solutions to semilinear elliptic equations are smooth up to dimension 9"

11:30 Uhr - Minisymposien

12:00 Uhr - Studierendenwettbewerb

ab 13:00 Uhr - Career Day

13:30 Uhr - Mittagspause

14:00 Uhr - Vorträge von Invited Speakers
U.a. mit einem Vortrag von Andrej Bauer ("The dawn of formalized mathematics"). Bauer bespricht den fortlaufenden Versuch, Mathematik zu formalisieren, z.B. mithilfe von Maschinengestütztem Beweisen. Ein frühes Beispiel für Formalisierung ist L. S. van Benthem Juttings Formalisierung von Landaus "Grundlagen" unter Benutzung von Automath. Bauer wirbt dafür, dieses nicht nur als einmaliges Beispiel abzutun, mit dem gezeigt wurde, dass Mathematik theoretisch formalisiert werden kann, ihm jedoch keinen realen Nutzen zuzugestehen. Vielmehr prophezeit er der Formalisierung und dem Maschinengestützdem Beweisen hohe Relevanz in der zukünftigen Mathematik augrund der große Vorteile und neue mathematische Erkenntnisse, die z.B. mit Proof Assistants gewonnen werden können. Beispiele für Erfolge Maschinengestützten Beweisens sind etwa der Beweis des Vier-Farben-Satzes und der Beweis der Keplerschen Vermutung.

14:50 Uhr - Otto Neugebauer-Preisvorlesung von Karine Chemla: "On how mathematicians’ historical and philosophical reflections have been essential to the advancement of mathematics: A historical perspective"
Chemla blickt auf die Einführung der "idealer Primfaktoren einer komplexen Zahl" von Ernst Eduard Kummer 1845 zurück.

Karine ChemlaKarine Chemla (rechts),
Foto: Petra Lein, Lizenz: Oberwolfach Photo Collection / CC BY-SA 2.0 DE

15:00 Uhr - Minisymposien

19:00 Uhr - Public Lecture von Andrei Okounkov: "Lie theory without groups"
Der Fields-Medaillenpreisträger von 2006 gibt eine kleine Einführung in die Gruppentheorie, um dann über die Theorie der Liegruppen hinauszugehen.

Andrei OkounkovAndrei Okounkov,
Lizenz: CC BY-SA 4.0

 

Freitag, 25. Juni 2021

9:00 Uhr - Plenarvortrag von Alice Guionnet: "Bernoulli Random Matrices"
Eine Zufallsmatrix ist eine Matrix mit zufälligen Einträgen. Guionnet gibt eine Einführung, um dann genauer auf Bernoulli Zufallsmatrizen einzugehen, die etwa die Adjazenzmatrizen von Erdős–Rényi Zufallsgraphen beschreiben.

Alice GuionnetAlice Guionnet,
Lizenz: CC BY-SA 4.0

10:20 Uhr - Plenarvortrag von Karl-Theodor Sturm: "Metric measure spaces and synthetic Ricci bounds"
Riemannsche Mannigfaltigkeiten, deren Ricci Krümmung nach unten beschränkt ist, haben einige besondere Eigenschaften. Klassiker sind etwa die Sätze von Bonnet und Myers. Sturm gibt Einblicke in seine Forschung auf diesem Gebiet.

Karl Theodor SturmKarl Theodor Sturm,
Lizenz: CC BY-SA 3.0

11:30 Uhr - Hirzebruchvorlesung von Martin Hairer: "A mathematical journey through scales"
Die Hirzebruchvorlesung wurde für die interessierte Öffentlichkeit übertragen. Der Fields-Medaillenpreisträger von 2014 und Breakthrough-Preisträger von 2021 führte von den sehr kleinen Skalen der Quantenphysik zu den großen Skalen der Relativitätstheorie. Dabei stellte er verschiedene Beispiele für interessante mathematische Probleme vor und führte so auch dem fachfremden Teil des Publikums eindrucksvoll vor, wie Mathematiker*innen denken und womit zumindest manche von ihnen sich beschäftigen. Er gab u.a. konkrete Beispiele für "Interface Fluctuations", also solche Phänomene, bei denen eine stabile Region eine instabile Region einnimmt: Man denke etwa an einen Waldbrand, bei dem es eine Feuerlinie gibt, hinter der der Wald bereits verbrannt ist (stabile Region) aber vor der der Wald noch unberührt ist (instabile Region). Diese Feuerlinie ist aber nicht ganz regelmäßig, da an manchen Stellen der Wald schneller abbrennt als an anderen. Man kann nun z.B. die Form der Feuerlinie (bei der Draufsicht von einem Flugzeug oder Satelliten aus)  untersuchen.

Martin HairerMartin Hairer,
Lizenz: CC BY-SA 4.0

12:30 Uhr - Preiszeremonie des Petra Šparl-Preises
Die beiden Petra Šparl-Preisträgerinnen 2020 sind Simona Bonvicini (Università di Modena e Reggio Emilia, Italy) and Klavdija Kutnar (University of Primorska, Slovenia). Sie werden für ein jeweils herausragendes publiziertes Paper ausgezeichnet. Der Preis wird in Gedenken an die Mathematikerin Petra Šparl verliehen, die 2016 auf der Mitte ihrer Karriere nach einem Krebsleiden verstarb.

12:30 Uhr - Minisymposien
Viele Minisymposien sind bereits gestern zusammengekommen. Dies ist die letzt Runde der Minisymposien vor dem Ende des 8ECM heute Abend.

14:00 Uhr - letzte Vortragsrunde von Invited Speakers

14:50 Uhr - Felix-Klein-Preisvorlesung von Arnulf Jentzen: "Overcoming the curse of dimensionality: from nonlinear Monte Carlo to deep learning"

16:00 Uhr - Interview mit Jean-Pierre Bourguignon
Der Differentialgeometer Bourguignon ist neben seinen mathematischen Leistungen auch international für seine Umtriebigkeit im Kontext von Wissenschaft und Politik bekannt. Das Interview wird vom ehemaligen Präsidenten der DMV und derzeitigen Präsidenten der Freien Universität Berlin Günter Ziegler geführt. Bourguignon und Ziegler beginnen mit einem kurzen Rückblick auf die Gründung der European Mathematical Society in then 70er Jahren vor dem Hintergrund des Kalten Krieges mit dem Ziel Wissenschaftler*innen zusammenzubringen und wissenschaftliche Kommunikation auch zwischen Ost und West zu ermöglichen. Weiter thematisieren sie den Stellenwert, den die Politik und Gesellschaft der Mathematik einräumen, und überlegen, wie man die Anerkennung fördern kann, dass Mathematik "überall" und dementsprechend wichtig ist - insbesondere im Bildungssystem. Es werden viele Themen angesprochen, die für die mathematische Community jetzt und in der Zukunft besonders relevant sein werden, u.a. das Publikationswesen und Open Access.

Jean Pierre BourguignonJean Pierre Bourguignon,
Lizenz: CC BY-SA 2.0

Außerdem geht es um die mathematische Community selbst, deren Offenheit und inwiefern sie sich weiterentwickeln sollte. Bourguignon zeigt sich deutlich optimistisch, dass die Community offen für Neuerung und auf einem guten Weg ist.

Guenter ZieglerGünter Ziegler,
Foto: Stefan Gräf

Das Interview wurde von Maria J. Esteban eingeleitet.

Maria J EstebanMaria J. Esteban,
Lizenz: CC BY-SA 4.0

17:30 Uhr - Abschlusszeremonie
Die Abschlusszeremonie bietet die Möglichkeit, noch einmal den Kongress Revue passieren zu lassen. Nach Angaben des Organisationskomitees hatte der Kongress über 1700 Teilnehmer*innen aus 77 Ländern, 62 Minisymposien und insgesamt über 1000 Beiträge.

Damit endet auch dieser Blogeintrag, der hoffentlich einige Einblicke in den Kongress geben und vielleicht Interesse für das ein oder andere mathematische Thema anregen konnte.

Ein Teil der Vorträge ist auf dem YouTube-Kanal der DMV nachzuhören, Playlist "8ECM 2020".

Bericht: mlb, aktualisiert am 23.08.2021

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