Dieser Beitrag ist der vierte einer mehrteiligen Blog-Reihe zu den Themen Lehrkräftebildung und Lehrkräftemangel. Der dritte Beitrag der Reihe ist hier abrufbar.

lehrkraeftemangel teil 4Ausschnitt aus der chronologischen Darstellung (Zeitstrahl). Hier: November 2023 bis Dezember 2023. Klickbare Links im vollständigen Zeitstrahl (PDF) am Ende dieser Website.

|11| In der Stellungnahme von DMV, GDM und MNU „Lehrkräftemangel im Fach Mathematik. Ein Beitrag zu den Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels in den Bundesländern“ vom November 2023 greifen die drei Fachgesellschaften ihre Positionen aus November 2022 wieder auf und erweitern ihre im Positionspapier von November 2022 knapper gehaltene Übersicht nun um detaillierte Darstellungen länderspezifischer Maßnahmen. DMV, GDM und MNU nehmen unter anderem Bezug auf die Beiträge aus 2023 von SWK, Wissenschaftsrat sowie den Lehrkräftetrichter des Stifterverbands, und halten fest, dass allen Vorschlägen gemeinsam die Diskussion im Spannungsfeld der Sicherung von Standards der Lehrkräftebildung und der (schnellen) Akquise des Personals sei. Die drei Fachgesellschaften konstatieren weiterhin, dass sich die Bundesländer sehr stark in Bezug auf die Einstellungsvoraussetzungen für den Quer- und Seiteneinstieg unterscheiden und sich immer wieder unzureichende mathematische bzw. mathematikdidaktische Kompetenzen feststellen ließen.

Gefordert wird daher zunächst eine aussagekräftige Datengrundlage, darunter ausführliche Statistiken zur Qualitätssicherung (Verweilzeiten/Abbruchquoten bei Direkt-, Quer- und Seiteneinsteiger*innen) sowie standardisierte Verfahren zur Evaluation von Sondermaßnahmen zur Behebung des Lehrkräftemangels im Fach Mathematik. Die Fachgesellschaften betonen, dass kurze Sondermaßnahmen zur Behebung des Lehrkräftemangels nur in Verbindung mit Formen der langfristigen und verpflichtenden Professionalisierung sinnvoll seien. Bei der Ausgestaltung der Programme und Sondermaßnahmen sollte die Expertise der Universitäten mit eingebunden werden. Langfristig müssten darüber hinaus Standards für die fachliche und fachdidaktische Qualifizierung über alle Ausbildungsphasen hinweg entwickelt werden, um klare Erwartungen an die Kompetenzentwicklung und die Professionalisierung zu formulieren. Ferner bedürfe es einer Neuordnung des Berufseinstiegs, um Quer- und Seiteneinsteigenden eine weitere Professionalisierung zu ermöglichen.

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Im November 2023 präsentiert der Stifterverband seinen „Masterplan: Lehrkräftebildung neu gestalten. 75 Maßnahmen für die Lehrkräftebildung der Zukunft.“. Die Ideen für den Masterplan wurden von Akteur*innen aus allen Phasen und Bereichen der Lehrkräftebildung im Rahmen der Zukunftswerkstatt „Lehrkräftebildung neu denken“ im Mai 2023 erarbeitet und in fünf Abschnitten zusammengestellt:

(1) Gezielt neue Zielgruppen erschließen,
(2) Ausbildungsqualität erhöhen,
(3) Institutionelle Rahmenbedingungen und Organisationsstrukturen verbessern,
(4) Transparente berufliche Tätigkeitsprofile und Entwicklungsmöglichkeiten schaffen,
(5) Politische Steuerungsinstrumente strategisch nutzen.

Diesen fünf Bereichen wurden folgende konkrete Maßnahmen subsumiert:

Ein-Fach-Lehrkräfte als reguläre Alternative etablieren, Studienkapazitäten für das Lehramt jährlich mit dem prognostizierten Lehrkräftebedarf abgleichen und ggf. ausbauen, Quereinstieg als gleichberechtigten zweiten Weg zum Vorbereitungsdienst ermöglichen, Masterstudiengänge für den Quereinstieg & Qualifizierungsprogramme für den Seiteneinstieg einführen, Professuren für alle Fachdidaktiken einrichten, phasenübergreifende Curricula für Studium und Vorbereitungsdienst entwickeln und Universitätsschulen errichten, Kompetenzen für eine digitale Welt als Pflichtbestandteile in die Lehramtsstudiengänge und Rahmenverordnungen für den Vorbereitungsdienst integrieren, Lehrkräftebildung einen prominenten Platz in Universitätsprofil und -strategie zuweisen und als Leitungsaufgabe von Universitäten wahrnehmen, die wissenschaftliche Leitung der ZfL/Schools of Education den Dekan*innen rechtlich gleichstellen, Multi-Level-Karriereentwicklungssysteme für Lehrkräfte implementieren, Laufbahnwechsel zwischen den Schularten und Entwicklungspfaden ermöglichen bzw. erleichtern, Ausbildungstätigkeit als spezifisches Stellenprofil und Karrierepfad etablieren, Mentor*innen, Fach- und Seminarleiter*innen verpflichtend qualifizieren, Zeitbudget für die Betreuung von Lehramtsstudierenden und Referendar*innen gewähren, zeitliche und finanzielle Ressourcen für die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsangeboten für Lehrkräfte erhöhen und die Teilnahme organisatorisch in den Schulalltag einplanen.

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Im Januar 2023 hatte die SWK eine Stellungnahme zu kurz- und mittelfristigen Maßnahmen hinsichtlich des Umgangs mit dem Lehrkräftemangel veröffentlicht. Mit dem von der SWK im Dezember 2023 vorgelegten Gutachten „Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht“ wird nun eine längerfristige Perspektive entwickelt. Im Gutachten werden vier grundlegende Themenbereiche adressiert:

(1) Optimierung von Prognosen zum Lehrkräfteeinstellungsangebot und -bedarf sowie zum Potenzial an Bewerber*innen für ein Lehramtsstudium,
(2) Gewinnung von Studierenden, Sicherung von Studienerfolg und Optimierung von Studienverläufen in der universitären Lehrkräftebildung und im Vorbereitungsdienst,
(3) Organisation und Gestaltung einer wissenschaftsbasierten Qualifizierung von Lehrkräften für den Erwerb professioneller Kompetenzen in der ersten und zweiten Phase,
(4) Organisation und Gestaltung einer forschungsbasierten Fort- und Weiterbildung für eine kontinuierliche Kompetenzentwicklung von Lehrkräften.

Diesen Themenbereichen ordnet die SWK die folgenden Maßnahmen zu:

Daten zu Studienanfänger*innen im Lehramtsstudium verlässlich erheben, Lehrkräftebedarf und -angebot in allen Ländern bedarfsgerecht und vergleichbar modellieren; Studienberechtigte, insbesondere nichttraditionelle Zielgruppen, gezielt für ein Lehramtsstudium ansprechen, vor allem für die vom Mangel betroffenen Fächer und Schulformen (u. a. Aufsetzen einer bundesweite Werbekampagne zu Zugangswegen in das Lehramt); eine rechtlich abgesicherte, zuverlässige Datengrundlage zu möglichst bundesweit abgestimmten zentralen Indikatoren des Studienerfolgs schaffen, um systematisch strukturelle und hochschuldidaktische Handlungsbedarfe zu identifizieren sowie gezielte Beratungs- und Unterstützungsangebote für Studierende zu etablieren; Lehrkräftebildung in den Universitäten auf Leitungsebene sichtbar verankern und die strategische Rolle von Zentren für Lehrkräftebildung bzw. Schools of Education als wirkmächtige Einrichtungen (z. B. bei Berufungsverfahren, Mittelverteilung) mit Forschungsauftrag und professoraler Leitung stärken sowie angemessen ausstatten; wissenschaftsbasierten, qualifizierten zweiten Weg in den Lehrkraftberuf eröffnen (inklusive entsprechender Master of Education); Angebote der Lehrkräftefortbildung zu einem forschungsbasierten und bedarfsorientierten Fortbildungssystem weiterentwickeln; Weiterbildungen und Karrierewege für ein weiteres Unterrichtsfach bzw. sonderpädagogische Förderschwerpunkte sowie für Leitungs- und Assistenzfunktionen in Schule und Unterricht ausbauen.

Eine chronologische Darstellung (Zeitstrahl) der zwischen März 2020 und Juni 2024 veröffentlichten Papiere und der darin enthaltenen wichtigsten Handlungsempfehlungen finden Sie hier (PDF). 

amh

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